Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

232 Besonderer Teil. 
Zu § 16. 
Weshalb die Versammlung aufgelöst wurde, ist gleich. Auch 
wenn ein Grund zur Auflösung nicht vorlag, muß der Saal bei Ver- 
meidung der Bestrafung geräumt werden (R. Strafs. 44 S. 135). 
Formale Voraussetzung einer gültigen Auflösung nach 814 ist je- 
doch, daß der Grund für die Auflösung gleichzeitig mit der Auf- 
lösungserklärung angegeben wird, widrigenfalls eine dem Gesetz ent- 
sprechende formell rechtsgültige Auflösung nicht vorliegt, wes- 
halb auch eine Bestrafung nicht erfolgen kann. AA. aber O. 61 
S. 241, welches die Angabe des Grundes nur für eine instruktio- 
nelle Vorschrift hält. Verhaftung nach 88 112 ff. St PO. 
„Sofort“ bedeutet ohne schuldhaftes Zögern. Speisen und Ge- 
tränke dürfen erst bezahlt werden. Auch der Eigentümer und Mieter 
des Lokales müssen dieses verlassen und dürfen erst nach vollzogener 
Auflösung wieder herein! (KG. in DJZ. 1907 S. 71). 
Zu 824. 
Streitig ist das Verhältnis des Reichsvereinsgesetzes zu den 
kirchlichen und religiösen Vereinen und Versammlungen. 
Nach Anschütz, Preuß. Verfassung 1 S. 208ff. sind lediglich 
die auf diesem Gebiete bestehenden Sondervorschriften des Landes- 
rechts aufrechterhalten und es gilt, soweit solche nicht bestehen, ledig- 
lich das Reichsvereinsrecht. Sondernormen gibt es aber im preu- 
Hhischen Vereinsgesetz nur für kirchliche und religiöse Vereine und 
Versammlungen mit Korporationsrechten. 
Nach KG. (DJZ. 1912 S. 351) und OVG. (61 S. 257) ist da- 
gegen nach dem Wortlaut des § 24 das gesamte kirchliche und reli- 
giöse Versammlungswesen dem Reichsvereinsgesetz entzogen, weil 824 
ganz allgemein, ohne eine Unterscheidung zu machen, erklärt, daß die 
Vorschriften des Landesrechts über kirchliche und religiöse Vereine 
und Versammlungen unberührt bleiben sollen. 
Hieraus folgt, daß in bezug auf kirchliche und religiöse Vereine 
und Versammlungen die Polizei in Preußen schon auf Grund von 
810 II 17 ALR. einschreiten kann, z. B. bei Störung von dem Schutze 
der Polizei anvertrauten öffentlichen Interessen, insbesondere von 
Leben und Gesundheit (§6f PVG.). 
So hat das OVG. (61 S. 255) die polizeiliche Untersagung von 
öffentlichen Versammlungen der „Christlichen Vereinigung ernster For- 
scher von Diesseits nach Jenseits, wahrer Anhänger der christlichen 
Kirchen“ für zulässig gehalten, in welchen ein Heilmagnetiseur (1) 
die Geister Verstorbener (Luthers und Leos XIII. I1) sprechen ließ, für 
zulässig gehalten, weil die Teilnahme an solchen Versammlungen bei 
weniger widerstandsfähigen Personen zu ernsten Störungen der Ge-
	        
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