Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

262 Besonderer Teil. 
handelnden Abschnitt II, sondern in dem von Umfang, Ausübung und Ver- 
lust der Gewerbebefugnisse handelnden Abschnitt III des Titels II der Ge- 
werbeordnung findet, ergibt sich, daß er nicht bloß auf genehmigungspflichtige, 
sondern auch auf nichtgenehmigungspflichtige gewerbliche Anlagen Anwendung 
finden soll. Notwendige Voraussetzung seiner Anwendung aber ist, daß der zu 
untersagende Betrieb zu Recht besteht. Es folgt dies, abgesehen davon, daß 
die Gewerbeordnung den §51, wie bereits erwähnt, unter die den Verlust 
der Gewerbebefugnisse betreffenden Vorschriften gestellt hat, schon allein 
aus der rechtlichen Natur der Enteignung als einer aus Gründen des Gemein- 
wohls gegen Entschädigung stattfindenden Entziehung bestehender Rechte. 
Danach beschränkt sich die Anwendbarkeit des § 51 auf gewerbliche Anlagen, 
zu deren Betrieb der Unternehmer durch die erteilte Genehmigung ein Recht 
erlangt hat, und auf solche nicht genehmigungspflichtige gewerbliche An- 
lagen, deren Betrieb, wenn er auch mit Nachteilen für das Gemeinwohl ver- 
bunden ist, sich doch innerhalb der durch die Gesetze und polizeilichen Vor- 
schriften gezogenen Grenzen bewegt. Nichtgenehmigungspflichtige Betriebe 
aber, welche den Gesetzen oder polizeilichen Vorschriften zuwiderlaufen, bilden. 
keinen Gegenstand der Enteignung und die Befugnis der Polizeibehörden, 
gegen solche Betriebe bis zu ihrer völligen Untersagung einzuschreiten, um 
dem Gesetze Geltung zu verschaffen, wird durch den § 51 nicht berührt.“1) 
3. Wann liegt eine „Untersagung der Benutzung einer gewerb- 
lichen Anlage“ i. S. des §51 GewO. vor? Hierüber führt RGz. 19 
S. 360/61 aus: 
# „.. Als Abweichung von allgemeinen Rechtsgrundsätzen muß aber 
der §51 GewO. streng ausgelegt werden, und dies, in Verbindung mit der 
Stellung des Paragraphen in dem III. Abschnitte des Gesetzes unter der 
Überschrift: Umfang, Ausübung und Verlust der Gewerbebefugnisse, 
zwischen den Vorschriften über das Erlöschen der Genehmigung zum Ge- 
werbebetriebe wegen nicht eingehaltener Frist zu dessen Beginnen (8 49 a. a. O.) 
und über Zurücknahme von Approbationen (8 53 a. a. O.), führt zu der Auf- 
fassung, daß unter „gewerblichen Anlagen“ im § 51 nur die zum Betriebe 
eines Gewerbes getroffenen baulichen und sonstigen Einrichtungen inihrer 
Gesamtheit zu verstehen sind, dergestalt, daß Entschädigungspflicht ein- 
tritt, wenn die polizeiliche Anordnung (direkt oder indirekt, vagl. Entsch. 
des OV. Bd. 10 S. 271) die Ausübung des Gewerbebetriebes an der 
einmal gewählten Stelle ganz unmöglich macht, nicht aber schon dann, wenn 
die Benutzung eines einzelnen Teiles einer Gesamtanlage (einer einzelnen 
Maschine, eines Maschinenteiles, eines bestimmten Gebäudeteiles zu ge- 
wissen Verrichtungen) untersagt wird, ohne daß dadurch der Betrieb im 
ganzen in Frage gestellt wird. Wann das eine oder das andere vorliegt, 
kann (beispielsweise wenn eine Gesamtanlage den Betrieb mehrerer, nicht 
untrennbarer, Gewerbszweige umfaßt und nur die Ausübung eines derselben 
untersagt wird) zu Zweifeln Anlaß geben, welche aus den tatsächlichen 
Verhältnissen des Einzelfalles zu entscheiden sind. Vorliegend jedoch genügt 
zur Nichtanwendung des §51 die Feststellung des Berufungsrichters, daß es 
  
1) Hiernach kann die Polizei gegen derartige nicht genehmigungspflichtige Be- 
triebe gemäß § 10 II 17 ALR. einschreiten, wenn sie z. B. widerliche Gerüche über die 
Nachbarschaft verbreiten: „Wie in dem Gutachten der wissenschaftlichen Deputation 
für das Medizinalwesen vom 28. Juli 1886 (Entsch. des O. Bd. XIV. S. 326) 
ausgeführt ist, wirkt bei der Notwendigkeit reiner Luft für die menschliche Gesundheit 
die länger andauernde Verunreinigung der Luft gesundheitsgefährlich.“ (OVG. a. a. O. 
bei Kamptz. S. 126).
	        
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