§ 21. Baurecht. 287
Bauten gelten dagegen die neuen Bauordnungen. Vgl. OVG. im
Pr Verwl. 7 S. 110;:
„Im allgemeinen, und von positiven Vorschriften abgesehen, ist daran
festzuhalten, daß in den Baupolizeiordnungen zunächst nur Normen für die
unter ihrer Herrschaft entstehenden Bauten zu suchen sind (OG. 4 S. 361,
6 S. 316). Der beim Erlasse jeder neuen Baupolizeiordnung naturgemäß
immer wiederkehrenden Erscheinung, daß sich in ihrem Geltungsgebiet eine
Menge baulicher Einrichtungen vorfindet, welche, wiewohl berechtigterweise
vorhanden, doch den gqualifizierten Anforderungen des neueren Rechtes nicht
entsprechen, wird regelmäßig in sachgemäßer Vereinigung der öffentlichen und
privaten Interessen, dadurch Rechnung getragen, daß für Fälle des Neu-
baues, Umbaues oder größerer Reparaturen die Befolgung des fortan gelten-
den Rechtes geboten oder auch eine Abänderung der vorhandenen Anlagen
innerhalb bestimmter Fristen unbedingt gefordert wird, während ein so-
sortiger Umbau älterer Baulichkeiten, wenn überhaupt, so doch nur in Fällen
dringendster Gefahr verlangt zu werden pflegt.“
d) Inhalt von Baupolizeiordnungen.
Baupolizeiordnungen regeln die Voraussetzungen des Hausbaues
überhaupt, die Entfernung nachbarlicher Bauten (den sog. Bauwich),
den Bau in gewisser Entfernung vom Rande öffentlicher Straßen,
d. h. Baufluchtlinien innerhalb wie außerhalb der Städte und länd-
lichen Ortschaften, sofern keine Baufluchtlinien bestehen (Kamptz IV.
S. 385) 1), ohne daß allerdings in letzterem Falle die Wirkungen der
Festsetzung von Baufluchtlinien nach dem Fluchtliniengesetz eintreten.
Auch die Höhe der Gebäude wird zumeist durch Bauordnungen geregelt.
Hierbei wird die Polizei zumeist auf §§ 66, 78 1 8 ALR. zurückgehen,
wie z. B. in der Polizeiverordnung v. 7. August 1903, wonach die
Fronthöhe der Gebäude am Pariser Platz zu Berlin eine bestimmte
Höhe nicht überschreiten darf. Vgl. O#G. 45 S. 393:
Die P.-V. beruht auf polizeilichen Motiven. Sie ist zu-
nächst“ erlassen zur Verhütung einer Verunstaltung der diesseits und jenseits
des Brandenburger Tores belegenen Plätze. Nach §§ 66, 78 Tit. 8 T. 1 AdO.
gehört es zu den Aufgaben der Polizei, baulichen Verunstaltungen der Straßen
und öffentlichen Plätze, sei es hindernd, wo sie erst beabsichtigt werden, sei es
Abhilfe fordernd, wo sie bereits stattgefunden haben, entgegenzutreten. Damit
ist grundsätzlich der Fürsorge der Polizei auf dem Gebiete des Bauwesens auch
die Wahrung der ästhetischen Interessen in gewissem Umfang überwiesen.
Unter Verunstaltung i. S. der angezogenen Gesetzesstellen ist freilich, wie
in der Rechtsprechung feststeht, nur eine grobe Verunstaltung zu verstehen.
Und eine solche liegt nicht schon dann vor, wenn nur eine vorhandene Form-
schönheit vermindert wird oder selbst ganz verloren geht. Daher fällt unter den
Begriff der groben Verunstaltung nicht schon jede Störung architektonischer
Harmonie, wie solche das Gesamtbild der Bebauung am Brandenburger Tore
in vollendeter Weise zeigt. Unerläßlich ist vielmehr zum Begriffe der groben
Verunstaltung die Herbeiführung eines positiv häßlichen, jedes offene Auge
verletzenden Zustandes. Ob die so gegebenen begriffsmäßigen Voraussetzungen
1) Das Baufluchtliniengesetz v. 2. Juli 1875 regelt nur die Anlegung
neuer und die Veränderung alter Straßen, nicht die Bebauung.