312 Besonderer Teil.
4. Maßgebender Zeitpunkt und Prüfung des Verwaltungsrichters.
Maßgebend für die Frage, ob ein Bau ekonsenswidrig ist, ist das
Baurecht zur Zeit der Urteilsfällung (OVG. 37 S. 408).
Bei Versagung der Bauerlaubnis hat der Verwaltungsrichter
zu entscheiden, ob der Bau nach öffentlichem Baurecht zulässig ist
und hat die Klage abzuweisen, falls dies nicht zutrifft. Gleichgültig
ist, ob der von der Polizeibehörde angegebene Grund für die Ver—
sagung zutrifft (OVG. im PrVerwBl. 23 S. 745).
Unzulässig ist die Klage auf Aufhebung bestimmter Gründe der
Versagung, weil Rechtsmittel nur gegen polizeiliche Gebote oder Ver-
bote, nicht aber gegen die dafür gegebene Begründung zulässig sind
(OVG. 40 S. 363). Es kann daher auch nur auf Außerkraftsetzung
der polizeilichen Verfügung — ganz oder teilweise — erkannt werden,
niemals aber eine Genehmigung erteilt werden, welche die angegriffene
Verfügung versagt hatte.
i) Bauten ohne Konsens.
Ist ein Bau ohne den erforderlichen Konsens errichtet, so kann
die Polizei dem Bauherrn nicht die Verpflichtung auferlegen, nach-
träglich die baupolizeiliche Genehmigung nachzusuchen und als Zwangs-
mittel die Beseitigung des Baues in Aussicht stellen. So O. 48
S. 362:
„Lag der Polizei daran, Zeichnungen der Anlagen in ihren Akten
zu haben, so hatte sie eine hierauf gerichtete Auflage zu machen, und es war
ihr unbenommen, zugleich die Anfertigung der Zeichnungen durch einen
Dritten als Zwangsmittel anzudrohen. Nicht aber durfte der Kläger darauf
verwiesen werden, dem Zwangsmittel der Beseitigung der Anlagen dadurch
vorzubeugen, daß er nachträglich ein Konsensgesuch einreiche oder um weitere
Fristbewilligung für die Einreichung eines solchen Gesuchs bitte.“
Im übrigen kann die Polizei den Beginn eines konsenslosen
Baues verhindern und gegen den dem bestehenden Baupolizeirecht
widersprechenden Zustand einschreiten. Ist es nicht möglich, den ge-
schaffenen Zustand durch Anderung mit dem objektiven Baurecht
in Übereinstimmung zu bringen, so kann die Beseitigung des
Zustandes verlangt werden (OVG. im Pr VerwBl. 25 S. 646). Letz=
tere kann jedoch nur dann verlangt werden, wenn der Fortbestand
des Baues mit dem öffentlichen Interesse unvereinbar ist, nicht schon
deshalb, weil der Bau ohne polizeiliche Genehmigung ausgeführt
wurde (OVG. im PrVerwBl. 22 S. 528). Grundsätzlich hat die
Baupolizei daher erst auf eine entsprechende Anderung des Baues
hinzuwirken und erst dann die Beseitigung des ganzen Bauwerkes zu
verlangen, wenn den im öffentlichen Interesse zu stellenden An-
forderungen auf keine andere Weise genügt werden kann. Dieser
Grundsatz ist in 88 71, 72 Titel 8 Teil I AdLR. ausgesprochen (OG. 6
S. 323).