326 Besonderer Teil.
2. Das ortsstatutarische Bauverbot des § 12. Ent-
schädigungsansprüche.
Durch Ortsstatut kann festgestellt werden, daß an Straßen und
Straßenteilen, welche noch nicht gemäß der baupolizeilichen Bestim-
mungen des Ortes für den öffentlichen Verkehr und den Anbau fertig
hergestellt sind, Wohngebäude, die nach dieser Straße einen Aus-
gang haben, nicht errichtet werden dürfen. Über Festsetzung, Bestäti-
gung und Bekanntmachung des Ortsstatutes vgl. § 12 Abs. 2 und 3.
Über den Zweck des § 12 führt O. 40 S. 390 aus:
„Das Bauverbot ist in § 12 keineswegs allein deshalb gegeben, damit
dadurch die in § 15 geregelte Erstattung der Straßenbaukosten für die Gemein-
den gesichert werde, vielmehr hat der §12 eine selbständige, vom 8 15 un-
abhängige Bedeutung. Er soll den Gemeinden in erster Linie das Mittel
geben, sich dagegen zu sichern, daß sie durch unbeschränkten Anbau gezwungen
würden, Straßen auszubauen da, wo sie den Ausbau überhaupt oder wenig-
stens zurzeit mit den Interessen der Gemeinde nicht für vereinbar erachten.“
Es steht im freien Ermessen der Gemeinde, ob sie von dem
Rechte der Einführung des ortsstatutarischen Bauverbotes Gebrauch
machen will, sowie ob sie dies in dem vollen gesetzlich zugelassenen
Umfang oder mit gewissen Einschränkungen tun und ob und unter
welchen Voraussetzungen sie insbesondere den städtischen Behörden
die Zulassung von Ausnahmen vorbehalten will. Hat sie aber auf
Grund des § 12 ein Ortsstatut erlassen, so ist dasselbe öffentliches
Baurecht und bindet die städtischen Behörden und die Polizei, so daß
also Ausnahmen von demselben — wenn nicht im Statut vorgesehen
— unzulässig sind (OVG. 65 S. 404/5).
§12 gilt auch für Privatstraßen. Ferner gilt er auch bei
— wenn auch nicht projektierten, so doch in der Entstehung
begriffenen Straßen, d. h. bei Wegen, bei denen sich wegen
ihrer den bereits bebauten Stadtteilen benachbarten Lage infolge
des Anbaues mit Notwendigkeit ein straßenmäßiger Verkehr ent-
wickeln und die Gemeinde zwingen würde, die Straße als Ortsstraße
herzustellen, also das städtische Straßennetz weiter auszudehnen, als
die Gemeinde zur Zeit beabsichtigt, was sie nach § 12 gerade zu ver-
hindern befugt sein soll. Auch in derartigen Fällen handelt es sich
i. S. des § 12 FlG. um „eine Straße, welche noch nicht für den
öffentlichen Verkehr und den Anbau fertiggestellt ist“ (OVG. 40
S. 371). Nicht aber gilt er für Bauten, mit deren Ausführung
bereits auf Grund der vorschriftsmäßigen Bauerlaubnis begonnen
wurde, weil für das Baurecht der Satz gilt, daß neue bau-
rechtliche Bestimmungen der Regel nach auf Bauten, die auf Grund
eines polizeilichen Konsenses bereits in der Ausführung begriffen
sind, nicht Anwendung finden, was auch von den auf Grund des
§12 erlassenen Ortsstatuten gilt (OVG. 28 S. 375).