§ 21. Baurecht. 327
Dagegen gilt § 12 nicht für sog. historische Straßen, d. h. schon
bestehende Straßen, welche von den Kommunen bei Erlaß des
Ortsstatutes ohne Widerspruch zur Pflasterung, Beleuchtung und zu
sonstigen kommunalen Verpflichtungen für öffentliche Straßen über-
nommen waren und schon in jenem Zeitpunkte sich als den städtischen
Straßen ebenbürtige Glieder des gesamten Straßennetzes der Stadt
darstellen (OVG. im Pr VerwBl. 9 S. 193)1).
Dies folgert das OG. aus der Entstehungsgeschichte des § 12
und aus folgendem:
„Ergibt sich hieraus, daß nach ihrer Entstehung die 88 12 und 15 des
Gesetzes nicht von bestehenden Straßen gemeint sind, welche von den Kom-
munen längst ohne Widerspruch zur Pflasterung, Beleuchtung und zu den
sonstigen kommunalen Verpflichtungen für öffentliche Straßen übernommen
worden sind, sondern nur von neuen, noch nicht fertiggestellten oder polizei-
widrig angelegten Straßen oder Straßenteilen, so wird man in dieser Auf-
fassung noch bestärkt durch eine Vergleichung mit anderen neuen Straßenbau-
polizeigesetzen, welche die in den §§ 12 und 15 eingeführten Beschränkungen
und Belastungen in gleicher Weise auf „neu anzulegende Straßen“ beschränken
. Nicht minder spricht endlich der innere Zusammenhang des Gesetzes für
die engere Deutung. Denn es läge ein kaum lösbarer Widerspruch darin,
wenn zwar der § 13 des Gesetzes für geringere Fälle der Eigentumsbe-
schränkung Entschädigungen gewährt, der §12 aber in alten, ihrer Zeit
den damals geltenden Polizeivorschriften gemäß angelegten Straßen ein
allgemeines Bauverbot ohne Entschädigung einführen sollte. Ebenso bliebe
es ein ungelöster Widerspruch, wenn zwar der §8 15 bei neu angelegten Straßen
den Adjazenten nur bestimmt begrenzte Verpflichtungen auferlegt, der § 12
aber bei schon bestehenden Straßen es den städtischen Behörden freistellen sollte,
durch ein unbedingtes Bauverbot gebe beliebige Auflage oder Bedingung
zu stellen.“ (OVG. im PrVerwBl. 9 S. 193).
Historische Straßen sind nur solche Straßen, die bei In-
krafttreten des ortsstatutarischen Bauverbotes für den öffentlichen
Verkehr und den Anbau fertig hergestellt sind. Hierüber führt
OVG. 61 S. 406 aus:
„Beides ist aber begrifflich und nach dem Wesen der Sache als zu—
sammengehörig, als etwas Einheitliches nicht aufzufassen. Wenn auch die
Widmung eines öffentlichen Weges für den Anbau diejenige für den öffent-
lichen inneren Verkehr notwendig zur Folge hat und in sich schließt, so ist
doch das gleiche nicht umgekehrt der Fall. Eine Straße kann vielmehr dem
Ortsverkehre dienen, ohne doch für den Anbau bestimmt zu sein, wie dies z. B.
bei Straßen, welche öffentliche Anlagen durchschneiden, durch den I. Festungs-
rayon führen oder beiderseits von Festungswerken begrenzt sind, der Fall ist.“
Und ferner O. 55 S. 448:
„Eine Ortsstraße muß, um als historische Straße gelten zu können, zur
Zeit des Inkrafttretens des ortsstatutarischen Bauverbots in ihrer Entwicke-
lung bezüglich des Ausbaues im wesentlichen ihren Abschluß gefunden haben,
1) Vgl. auch OG. 69 S. 378. Eine „„istorische“ Straße kann auch in einem
Gutsbezirke entstehen, jedoch gewinnt sie erst dann rechtliche Bedeutung, wenn nach
Aufhebung der Gutsbezirkseigenschaft in bezug auf sie ein ortsstatutarisches Bauverbot
gemäß § 12 des Baufluchtengesetzes erlassen ist. (OG. 69 S. 377/78).