Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

8 21. Baurecht. 329 
3. Anliegerbeiträge (815 FlG.). 
Durch Ortsstatut kann festgesetzt werden, daß bei Anlegung 
einer neuen oder bei Verlängerung einer schon bestehenden Straße, 
wenn solche zur Bebauung bestimmt ist, sowie beim Anbau an schon 
vorhandenen bisher unbebauten Straßen und Straßenteilen von dem 
Unternehmer der neuen Anlage oder von den angrenzenden Eigen- 
tümern — von letzteren, sobald sie Gebäude an der neuen Straße 
errichten 1) — die Freilegung, erste Einrichtung, Entwässe- 
rung und Beleuchtungsvorrichtung der Straße in der dem 
Bedürfnisse entsprechenden Weise beschafft, sowie deren zeitweise, höch- 
stens jedoch fünfjährige Unterhaltung, beziehungsweise ein verhältnis- 
mäßiger Beitrag oder der Ersatz der zu allen diesen Maßnahmen er- 
sorderlichen Kosten geleistet werde. Hierzu können die angrenzenden 
Eigentümer nicht für mehr als die Hälfte der Straßenbreite und 
wenn die Straße breiter als 26 m ist, nicht für mehr als 13 m der 
Straßenbreite herangezogen werden. 
Über die Kostenberechnung, die Bestätigung, Bekanntmachung und 
Anfechtbarkeit des Ortsstatutes vgl. § 15 Abs. 2—4. 
Wann liegt eine schon vorhandene, bisher unbebaute Straße 
vor? Hierüber führt das O. 64 S. 214/15 aus: 
„Es muß erkennbar sein, daß die Gemeinde eine Straße, obwohl sie in 
dem maßgebenden Zeitpunkte noch nicht in allen Einzelheiten fertiggestellt 
war, sondern damals noch Unvollkommenheiten aufwies, schon zu den in 
ihren Einrichtungen abgeschlossenen Ortsstraßen gerechnet und sie danach 
behandelt hat, so daß die Straße als eine neue nicht mehr in Betracht kam. 
Alle späteren Ergänzungen der Straßeneinrichtungen oder Regulierungen 
fallen dann nicht mehr unter den Begriff der Anlegung einer neuen Straße im 
Einne des § 15 des Fl.-G., sondern stellen sich als Verbesserungen dar, 
welche die Beitragspflicht der Anlieger nicht begründen. Ob das eine oder 
das andere der Fall ist, ist eine wesentlich tatsächliche Frage, die als solche 
sich der Nachprüfung in der Revisionsinstanz entziebt 
Auch eine Dorfstraße kann eine vorhandene oder neue Straße i. S. des 
§15 Fl.-G. sein. Überall kommt es darauf an, ob die Gemeinde schon mit ihr 
als einer in ihren staßenmäßigen Einrichtungen zu einem gewissen Abschlusse 
gelangten Straße gerechnet hat. 
Wenn ein Grundstückseigentümer nach Heranziehung zu einem 
Anliegerbeitrag das Grundstück veräußert, so geht die durch die Heran- 
ziehung dem Vorbesitzer gegenüber fällige Forderung nicht ohne wei- 
teres auf den Rechtsnachfolger über; er muß vielmehr selbständig 
veranlagt und zur Zahlung angehalten werden (OVG. 65 S. 147/48). 
1 
1) Zu prüfen ist, ob das Gebäude an der Straße liegt und ob nicht die Ent- 
fernung von der Straße dies ausschließt, z. B. wenn das Gebäude 100 m von der 
Straße entfernt ist. (O#G. 62 S. 184). 
Über die Frage, ob der Anspruch auf den Anliegerbeitrag obligatorischer oder 
dgich Fatur ist, vgl. Schultzenstein in J. W. 1916 S. 169 ff. und 240 ff., 
1381, 1511
	        
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