Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

g 23. Einfluß des Krieges auf das Verwaltungsrecht. 375 
von Bayern — in sämtlichen Bundesstaaten, obwohl es nicht im 
Bundes= oder Reichsgesetzblatt veröffentlicht war. Vgl. hierzu RG. 
in JW. 44 S. 726: 
„Eine Bekanntmachung im Bundes= oder Reichsgesetzblatt war.. 
nicht nötig. Die Vorschrift in Art. 2 der Verfassung über die Verkündigung 
der Bundes= oder Reichsgesetze bezieht sich nur auf die gemäß Art. 5 der 
Verfassung zustande gekommenen Gesetze, nicht aber auf Gesetze oder Gesetzes- 
teile, denen die Geltung bundes= oder reichsgesetzlicher Vorschriften beigelegt 
wird. Das erwähnte preußische Gesetz (d. h. vom 4. Juni 1851) hat seine 
selbständige Bedeutung behalten unter Erweiterung seiner gesetzlichen Wirk- 
samkeit und schöpft seine reichsgesetzliche Geltung mittelbar aus der Ver- 
fassungsvorschrift. Ebensowenig bedurfte es einer Bekanntmachung des Ge- 
setzes innerhalb der einzelnen bundesstaatlichen Gebiete, um die Bestimmung 
des Art. 68 für diese wirksam zu machen. Die Militärbefehlshaber üben das 
ihnen durch das Gesetz übertragene Recht nicht an Stelle der Landesbehörden, 
sondern kraft der ihnen unmittelbar übertragenen Befugnis aus, so daß sie 
hierbei nicht an die landesgesetzlichen Formvorschriften für die Erlassung und 
Veröffentlichung polizeilicher Verordnungen gebunden sind.“ 
b) Mit der Bekanntmachung der Erklärung des Belagerungs- 
zustandes — welche gemäß § 3 des Gesetzes bei Trommelschlag oder 
Trompetenschall zu verkünden und außerdem durch Mitteilung an 
die Gemeindebehörde, durch Anschlag an öffentlichen Plätzen und 
durch öffentliche Blätter ohne Verzug zur allgemeinen Kenntnis zu 
bringen ist — geht die vollziehende Gewalt an die Militär- 
befehlshaber über und werden die Zivilverwaltungs= und Ge- 
meindebehörden verpflichtet, den Anordnungen und Aufträgen 
der Militärbefehlshaber Folge zu leisten; für die Anordnungen sind 
die betreffenden Militärbefehlshaber persönlich verantwortlich. Unter 
der „vollziehenden Gewalt““ ist die gesamte Staatstätigkeit zu 
verstehen, soweit sie nicht zur Gesetzgebung oder Rechtsprechung 
gehört; jedoch ist den Militärbefehlshabern gemäß §F9b des Gesetzes 
ein umfassendes Recht zum Erlaß von Verboten im Interesse der 
öffentlichen Sicherheit durch Verordnungen oder Verfügungen ge- 
geben. 
Vgl. hierzu RG. in Straff. 49 S. 4—6: 
„Das Gesetz über den Belagerungszustand steht in engstem Zusammen- 
hang mit der Verfassungsurkunde für den preußischen Staat vom 31. Ja- 
nuar 1870 (PrEGS. S. 17) und bildet das Ausführungsgesetz zu deren 
Art. 111, wo für den Fall eines Krieges die Möglichkeit einer zeitweiligen 
Außerkraftsetzung gewisser in der Verfassung vorgesehener Rechtsbürgschaften 
(betr. die persönliche Freiheit usw.) gewährt wird. Es ist deshalb davon aus- 
zugehen, daß der Ausdruck „vollziehende Gewalt“ nach J4 BBG. im Sinne 
des damaligen preußischen Verfassungsrechts zu verstehen ist. Dabei bleibt 
zu berücksichtigen, daß die preußische Verfassungsurkunde von der „Gesetz- 
gebenden Gewalt“ in Titel V (Art. 62—85), von der „richterlichen 
Gewalt“ in Titel VI (Art. 86—97) handelt. So gewinnt es Bedeutung, 
daß in dem „Vom Könige“ überschriebenen Titel III (Art. 43—59) durch 
Art. 45 bestimmt wird:
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.