Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

378 Besonderer Teil. 
Senat kein Bedenken trägt, deren Möglichkeit zu bejahen, wie dies auch in 
der Rechtslehre die herrschende Ansicht ist. Kann demnach aber das Recht 
zur Außerkraftsetzung der in 85 Bel.-Ges. erwähnten Bestimmungen vom 
Kaiser auf die bezeichneten Militärbefehlshaber übertragen werden, so läßt 
sich die weitere Auffassung der Strafkammer, daß dies nicht nur im Wege 
einer ausdrücklichen Erklärung, sondern auch stillschweigend geschehen kann, 
ebenfalls nicht als rechtsirrig bezeichnen. Der gegen demgemäß ergangene 
Verordnungen seitens des Kaisers unterlassene Widerspruch ist vom ersten 
Richter entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers nicht im Sinne 
einer nachträglichen Genehmigung, sondern lediglich als Beweisgrund für 
die vom Kaiser gewolltermaßen stattgehabte stillschweigende Übertragung ver- 
wertet, was in keiner Weise zu beanstanden ist. Abweichend hiervon hat 
der III. St.-S. in der Sache 3 D. 407/15 den Standpunkt vertreten, daß 
die Befugnis des Militärbefehlshabers zu der in 85 Bel.-G. vorgesehenen 
Außerkraftsetzung aus der nach § 4 das. mit der Bekanntmachung der Kriegs- 
zustandserklärung an sie übergehenden vollziehenden Gewalt als deren Aus- 
fluß folge, mithin schon kraft Gesetzes entstehe. Im gegebenen Falle bedarf 
es indes einer Stellungnahme hierzu nicht “ 
c) Die vollziehende Gewalt geht auf den Militärbefehls- 
haber über. Als solche sieht die Praxis — in Ermangelung gesetz- 
licher Bestimmungen — die kommandierenden Generale und die stell- 
vertretenden kommandierenden Generale für den Bezirk ihres Armee- 
korps, die obersten Militärbefehlshaber in den Garnisonen 1) und die 
Festungskommandenten innerhalb des Bereiches der Garnison bzw. 
der Festung, nicht aber die Militärpolizeimeister an (RG. in JW. 46 
S. 204). 
d) Die vollziehende Gewalt steht dem Militärbefehlshaber nur 
in demselben Umfange wie den Verwaltungsbehörden zu, jedoch be- 
1) In der Mark Brandenburg ist nur der „Oberbefehlshaber in den Marken“ 
Oberbefehlshaber und demgemäß befugt, auf Grund des §9 B. Verbote zu erlassen. 
nicht der stellv. kommand. General des III. A.-N. oder des Gardekorps. So R. in 
IJW. 45 S. 914/5: 
„Im Bezirk des III. A.-K. (Brandenburg) bestehen 2 Generalkommandos, das 
des III. A.-K. und das des Gardekorps, außerdem aber noch das Oberkommando in den 
Marken. Diesem sind durch Allerh. Erlaß vom 4. April 1850 (abgedruckt bei Friccius, 
Preuß. Militärgesetzsammlung Bd. 4 S. 164) „die bisherigen Befugnisse des Gouver- 
neurs (von Berlin), soweit sie die Fürsorge für die militärischen Maßregeln zur Auf- 
rechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung betreffen,“ übertragen worden. 
Eine frühere Allerh. Kab.-Ord. v. 13. Mai 1838 (Friccius Bd. 2 S. 107) hatte be- 
stimmt, „daß der Gouverneur von Berlin als die erste Militärbehörde Meiner Resi- 
denz angesehen werden soll, ohne daß ihm der Kommandierende General des Garde- 
korps untergeordnet wird“", und daß den Gouverneur „die Fürsorge für die mili- 
tärischen Maßregeln zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung ob- 
liegt.“ Eine amtliche Auskunft des Kgl. Prruß. Kriegsministeriums vom 28. Januar 
1916, ergibt: Durch eine Allerh. Kab.-Ord. vom Jahre 1890 ist dem Oberbefehlshaber 
in den Marken die Sorge für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ord- 
nung, sowohl in Berlin und seinen Vororten als auch in dem ganzen Territorialbereich 
des III. A.-K., übertragen. Für diesen Bezirk wurde so eine einzige verantwortliche 
Stelle geschaffen. Es sollte die einheitliche Durchführung zweckentsprechender Maß- 
nahmen gewährleistet werden. Durch die Order ist also die Befugnis zum Erlaß von 
Verboten „im Interesse der öffentlichen Sicherheit“ gemäß §9ßb B. auf das Ober- 
kommando in den Marken beschränkt.“
	        
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