8 23. Einfluß des Krieges auf das Verwaltungsrecht. 379
stehen für seine allgemeinen oder besonderen Anordnungen keinerlei
Formvorschriftent). Hiernach bestimmen sie selbst die Form, in
welcher sie erlassen werden. Soweit eine Anordnung auf §4 des
BG. gestützt wird, erfolgt beim Zuwiderhandeln gegen dieselbe eine
Bestrafung nicht auf Grund des §9b des BG., sondern auf Grund
der Sonderrechtsnorm, z. B. bei Festsetzung der Polizeistunde aus
8 365 St G., beim Festsetzen von Höchstpreisen aus dem Hoöchstpreis-
gesetz v. 4. August 1914. Die Anordnungen können jedoch auch auf 89b
des BWG. gestützt werden, in welchem Falle eine Bestrafung auf Grund
des Gesetzes über den Belagerungszustand eintritt. Ob das eine oder
das andere der Fall ist, entscheidet in Ermangelung eines diesbezüg-
lichen Hinweises die Zweckbestimmung der Anordnung:
Der stellv. Kommandierende General hatte durch Bekanntmachung
vom 7. September 1914 die Polizeistunde für Schankwirtschaften des
Standortes Hamburg-Altona-Wandsbek auf 12 Uhr mitternachts fest-
gesetzt, nachdem vorher durch Verfügung des Kommandierenden Gene-
rals vom 4. August 1914 die Schließung der Wirtschaften um 11 Uhr
augeordnet war. Der Angeklagte hatte am 21. September 1914 nach
12 Uhr nachts in seiner Schankwirtschaft Gästen Getränke verabreicht.
Die Strafkammer verurteilte ihn wegen einer Zuwiderhandlung gegen
1) Vgl. hierzu R.G. in Strafs. 49 S. 6/7: „Die Revision geht anscheinend von der An-
nahme aus, daß für derartige Anordnungen (d. h. nach § 4 BB.], sofern solche durch
den Militärbefehlshaber in Ausübung der „vollziehenden Gewalt“ an Stelle der
bürgerlichen Verwaltungsbehörden erlassen werden, auch die Formvorschriften bindend
sind, von deren Beobachtung die Rechtsgültigkeit der Anordnungen abhängt, falls
die bürgerliche Behörde sie erläßt. Dem konnte nicht zugestimmt werden. Zunächst
stützt die Militärbehörde im Falle des §4 BB. ihre Befugnis nicht auf die Gewalt
der einzelnen bundesstaatlichen Behörden, sie übernimmt vielmehr kraft Reichsrechts
(Art. 68 Reichsverf.) die gesamte vollziehende Gewalt der einzelnen Bundesstaaten
in dem durch §4 BB. bezeichneten Umfang unmittelbar. Daraus folgt ijedenfalls,
daß die im Einzelstaat für Anordnungen der bürgerlichen Behörden auf dem in Rede
stehenden Gebiete geltenden Formvorschriften dem Militärbefehlshaber gegenüber nicht
in Betracht kommen. Vorliegend ist es deshalb ohne Belang, ob nach bremischem
Rechte Anordnungen der fraglichen Art, wenn sie von der bremischen Landeszentral-
behörde ausgehen, etwa nur dann wirksam sind, wenn sie im Bremischen Gesetzblatt
oder im amtlichen Teil der „Bremer Nachrichten“ veröffentlicht werden.
Scheidet hiernach, was die Formfrage anlangt, das bremische Recht als solches
aus, so kommt weiter in Betracht, daß weder Art. 68 Reichsverf. oder eine sonstige
reichsrechtliche Vorschrift, noch auch das Gesetz über den Belagerungszustand irgendeine
mittelbar oder unmittelbar einschlagende Bestimmung enthalten. Schon hieraus muß
geschlossen werden, daß nach dem Willen des Gesetzgebers die Wirksamkeit von mili-
tärischen Anordnungen, wie sie hier in Frage stehen, keinerlei Formvorschrift unterliegt,
daß vielmehr jede Art der Bekanntgabe genügt, die sich nach Lage der Verhältnisse
des Einzelfalles ermöglichen läßt und geeignet ist, die Anordnung zur Kenntnis der
beteiligten Bevölkerungskreise zu bringen. Auch nach dieser Richtung muß im
übrigen darauf verwiesen werden, daß — wollte man eine andere Auffassung gelten
lassen — der Kommandant einer eingeschlossenen Festung unter Umständen trotz
dringendster Notwendigkeit außerstande wäre, die nach der Sachlage gebotene An-
ordnung wirksam ins Leben zu rufen.“
Wegen der Form der Verbote nach §9 BZG. vgl. die Ausführungen zu f.