382 Besonderer Teil.
Zulässig ist es nach der letztgenannten Entscheidung des Reichs-
gerichts, daß sich eine Verordnung des Militärbefehlshabers sowohl
auf §4 wie auf §9b BB. stützt.
e) Die Militärbefehlshaber können die ihnen nach 84 — nicht
aber nach §9b — des Belagerungsgesetzes zustehenden Befugnisse
anderen Behörden, insbesondere Zivilbehörden, übertragen, welche
in diesem Falle gleichfalls. nicht an etwa sonst bestehende formelle
Bestimmungen über Publikation u. dgl. gebunden sind. So können
sie z. B. die Polizei beauftragen, Höchstpreise für Lebensmittel
festzusetzen:
„Die gesetzliche Grundlage für eine Festsetzung von Höchstpreisen, die nach
Erklärung des Kriegszustandes durch den Militärbefehlshaber erfolgt, bildet
entweder § 4 oder §9 b des preuß. Ges. über den Belag.-Zust. Nach
–4 daselbst ist der Militärbefehlshaber mit der Bekanntmachung der Erklärung
des Belagerungszustandes Inhaber der vollziehenden Gewalt geworden. So-
nach ist er zur Ausübung der in §3 Hoöchstpr.-G. vom 4. August 1914
(RGBl. S. 339) in erster Linie den Landeszentralbehörden übertragenen Be-
fugnisse berechtigt, er kann also entweder von sich aus Höchstpreise festsetzen
oder andere Behörden mit deren Festsetzung betrauen. Dabei kommt dem
Umstande, daß das Höchstpreisgesetz erst nach der vom 31. Juli 1914 er-
folgten Erklärung des Kriegszustandes ergangen ist, keine Bedeutung in
dem Sinne zu, daß etwa durch §3 Höchstpr.-G. die ausschließliche Zu-
ständigkeit der dort genannten Zivilbehörden zur Erlassung der „er-
forderlichen Anordnungen und Ausführungsbestimmungen“ begründet und
die vollziehende Gewalt des Miuiteolserungort (§4 BG.) dimgemäß in'o-
weit ausgeschaltet wäre. Dem Wortlaut des Höchstpreisgesetzes ist kein
Anhalt für eine solche Auffassung zu entnehmen; Sinn und Zweck des Gesetzes
sprechen entschieden dagegen. Bei der Auswahl der Behörden, die er mit Er-
lassung der erforderlichen Anordnungen betrauen will, hat der Militärbefehls-
haber freie Hand; insbesondere ist er nicht an die schon vorher von der Landes-
Enhrasbehärd ermächtigten oder beauftragten Behörden gebunden.“ (JW. 45
S. 335 ff.
Nach §9b des BG. hat der Militärbefehlshaber das Recht, im
Interesse der öffentlichen Sicherheit Verbote zu erlassen, denen
Gebote gleichstehen (RG. im Pr Verwl. 37 S. 101).
Vgl. RG. in Strafs. 49 S. 162;:
„Ob die Anordnung sich ausdrücklich als Verbot kennzeichnet oder ob
letzteres sich in die Form eines Gebotes kleidet, ist. gleichgültig.“
Und ferner:
„Cin Verbot im Sinne jener Vorschrift (d. h. des § 9bs liegt auch dann
vor, wenn die Bekanntmachung ihrem Wesen nach ein Verbot darstellt, mag
sie sich auch nicht als ein solches ausdrücklich bezeichnen oder in ihrem äußeren
Wortlaut zu erkennen geben.“ (RG. in Strafss. 49 S. 89).
Dieses Recht des Militärbefehlshabers bildet ein völlig selbstän-
diges Verordnungsrecht, das an keine weitere Voraussetzung —
abgesehen von der Erklärung des Kriegszustandes — geknüpft ist,
als daß die daraufhin ergehenden Verbote im Interesse der öffent-