g 23. Cinfluß des Krieges auf das Verwaltungsrecht. 403
den Handel mit Lebens= und Futtermitteln und zur Bekämpfung des
Kettenhandels v. 24. Juni 1916 nebst der Ergänzungsverordnung v.
29. Juli 1916. Strafbar ist nach § 11, wer den Preis für Lebens= oder
Futtermittel durch unlautere Machenschaften, insbesondere Ketten-
handel, steigert.
Weiterhin ist durch Bek. vom 8. Februar 1917 über Ketten-
handel in Textilien und Textilersatzstoffen und durch §9
der Bek. vom 22. März 1917 über den Handel mit Arzneimitteln
die Steigerung der Preise für die genannten Gegenstände durch un-
lautere Machenschaften, insbesondere Kettenhandel, für strafbar erklärt.
Über den Begriff „Kettenhandel“ führt das RG. in JW. 46
S. 7281) aus:
„Kettenhandel im Sinne der Kriegsverordnungen ist jedes Einschieben
eines Zwischengliedes in den Verteilungsprozeß einer Ware, das für die
allgemeinen Bedürfnisse der Kriegswirtschaft unnütz ist und lediglich aus
eigensüchtigem Interesse erfolgt. Der Zwischenhandel erfüllt eine berechtigte
wirtschaftliche Aufgabe, selbst wenn er sich in mehreren Gliedern dazwischen-
schiebt, sofern dabei ein arbeitsteiliges Zusammenwirken stattfindet und er ledig-
lich Mittel zum Zweck ist, die Waten in ene r den verschiedenen Vedürfnissen ent-
sprechenden Weise dem Verbraucher zuzuführen. Dann übt jedes Zwischenglied in
dieser Verteilung eine besondere Funktion aus, erfüllt eine eigene wirtschaftliche
Aufgabe. Wirtschaftlich schädlich aber wird die Einschiebung dann und macht
den Zwischenhandel zum Kettenhandel, wenn sie die Verteilung der Ware
an den Verbraucher nicht fördert und erleichtert, sondern wenn sie ohne
Erfüllung einer eigenen wirtschaftlichen Aufgabe lediglich um ihrer selbst
willen und allein, um aus dem Handel Gewinn zu zielen, vorgenommen wird,
wenn also die Verteilung an den Verbraucher erschwert und verzögert wird,
ohne wirtschaftliche Vorteile als Gegenleistung zu bieten“
Nach der Bek. v. 23. September 1915 zur Fernhaltung unzu-
verlässiger Personen vom Handel kann der Handel mit Gegenständen
des täglichen Bedarfs oder des Kriegsbedarfs mit Wirkung für das
Reichsgebiet untersagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die die
Unzuverlässigkeit des Handeltreibenden in bezug auf den Handels-
betrieb dartun. Als solche sind insbesondere Zuwiderhandlungen gegen
die Vorschriften über Höchstpreise, Vorratserhebungen, Pr.isaushang
1) Das R.ntschied, daß „Kettenhandel“ auch nach §5 der Bek über die Anderung des
Gesetzes, betr. Höchstpreise, und der Verordnunggegen übe mäßige Preissteigerung v. 23. März
1916 bestrafr werden könne, demzufol je derjenige bstraft wird, welcher, um den Preis
für Gegenstände des täglichen Bedarfs oder des Kriegsbedarfs zu steigern,
unlautere Machenschaften vornimmt. Danach ist Kettenhandel sowohl bei
allen Gegenständen des täglichen Bedarfs, der Lebens= und Futtermittel sowie bei
Textilwaren, Textilersatzstoffen und Arzneimitteln möglich. Sofern jedoch der Ketten-
handel auf Grund der Bek. des BR. v. 23. März 1916 zu bestrafen ist, ist zur Voll-
endung der Straftat nicht erforderlich, daß der Erfolg der Straftat auch eingetreten
ist, „sie begnügt sich vielmehr damit, daß der Eintritt des Erfolges in den inneren
Willen des Täters aufgenommen war, also von seinem Wunsch umfaßt wurde“
(R. a. a. O. S. 729). Nach der Bek. über den Kettenhandel dagegen gehört infolge
des Wortlautes das Steigern der Gegenstände, also der Erfolg, zum Tatbestand des
Deliktes. Vgl. auch Lehmann in der Kritik der Entsch, des RE. in JW. 46 S. 728.
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