Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

Nachträge. 443 
die Kreisausschüsse, sondern der Genehmigung durch die an der Stelle der 
Regierungen getretenen Regierungspräsidenten. Daß gegen eine solche Teilung 
der Zuständigkeiten erhebliche Bedenken sprechen würden, liegt auf der Hand.“ 
(O. 71 S. 394 ff.). 
Zu 82012e S. 244 vorletzter Abf. ist folgendes einzufügen: 
Das OV. führt in Band 72 S. 381/82 folgendes zu der Frage 
aus, inwieweit die Polizei gegen Musik in Schankwirtschaften vor- 
gehen könne: 
(Ein Nachbar hatte sich über die Geräusche beschwert, die ein vom 
Gasthofsbesitzer V. in O. in seinem Schankraum aufgestelltes Orche- 
strion verursache. Die Polizeiverwaltung hatte darauf dem V. auf 
Grund von § 10 II 17 AL. aufgegeben, alle diejenigen Maßnahmen zu 
treffen, welche die Verbreitung der Schallwirkung über den Raum, in 
welchem das Musikwerk stand, hinaus unbedingt verhindern. Gegen 
diese Verfügung erhob V. Klage, welche der Bezirksausschuß abwies. 
Das OV. hob auf die Berufung des Klägers die angefochtene Ver- 
fügung auf): 
„Gast= und Schankwirte sind nach Lage der Gesetzgebung ohne besondere 
Erlaubnis befugt, zu gewerblichen Zwecken, z. B. zur Zerstreuung und Unter- 
haltung ihrer Gäste, Instrumentalmusik, wie sie hier in Frage steht, zu 
veranstalten 
Ist das richtig, so ist der Schankwirt auch nicht ohne weiteres verpflichtet, 
„unbedingt zu verhindern“, daß die durch ein Musikinstrument verursachte 
Schallwirkung „über den Raum, in dem das Instrument steht, hinaus“ sich 
verbreite, so wenig, wie er verpflichtet ist, dies hinsichtlich der sonst in seinem 
genehmigten Betriebe bei dessen ordnungsmäßiger Führung naturgemäß 
entstehenden mannigfaltigen und keineswegs immer geringen Geräusche zu 
tun. Wärc es anders, so stünde der Inhaber eines durch die Genehmigung 
besonders geschützten Betriebes ungünstiger da als jedes andere Mitglied 
des Publikums in seiner Wohnung, da auch die dort durch Musikinstrumente, 
Näh= und Schreibmaschinen usw. erzeugten Geräusche sich fast regelmäßig 
in ihrer Verbreitung nach außen nicht auf den Raum beschränken, in dem sie 
erzeugt werden. Dadurch, daß Musik und Geräusch aus einer Schank- 
wirtschaft über den Raum der Erzeugung hinaus überhaupt nach außen 
dringen, wird ohne weiteres weder eine „Gefahr“ für das Publikum oder dessen 
Mitglieder herbeigeführt, noch auch die Leichtigkeit, Ordnung und Sicher- 
heit des öffentlichen Verkehrs gestört oder beeinträchtigt. Alles hängt vielmehr 
davon ab, während welcher Zeiten (nachts oder am Tage?), mit welcher Stärke 
und Dauer und in welcher Art und Regelmäßigkeit sich die Töne oder 
Geräusche außerhalb des Raumes, in dem sie erzeugt werden, für Dritte geltend 
machen, und ob durch sie unter den jeweiligen Verhältnissen „Gefahren“ 
im Sinne des 8§10 Tit. 2 T. II ALR., insbesondere die Gefahr einer Schädi- 
gung der menschlichen Gesundheit, mit Wahrscheinlichkeit herbeigeführt werden 
können. Bloße „Nachteile“ und „Belästigungen“, sie mögen selbst erheblicher 
Art und für nervöse Personen Gegenstand dauernden Argers sein, sind keine 
„Gefahren“ im Sinne des 8 10 a. a. O. und können deshalb ein Einschreiten 
der Polizei auf Grund dieser Vorschrift nicht rechtfertigen 
Diese, der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes entnommenen 
Rechtsgrundsätze hat der Vorderrichter verkannt, wenn er die dem Kläger
	        
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