Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

34 Allgemeiner Teil. 
einzelne Zweige je nach den Interessen, welchen die betreffenden Maßnahmen 
dienen, auszusondern seien, so ist dabei zuvörderst zu berücksichtigen, daß jede 
Polizeiverwaltung unter allen Umständen dem staatlichen Interesse dient, 
auch soweit sie auf den Verhältnissen der örtlichen Gemeinschaft beruht und 
Gemeindeinteressen berührt. Die Stadtgemeinde bezieht sich nun auf eine 
Reihe von Entscheidungen des OVG., aus denen hervorgehen soll, daß die 
Tätigkeit der Ortspolizeibehörde begrifflich und hinsichtlich der Kosten insoweit 
der Landespolizei zuzurechnen sei, als sie unmittelbar und in erster Linie nicht 
dem Interesse der örtlichen Gemeinde, sondern eines weiteren Bezirkes oder 
des ganzen Staates zu dienen bestimmt sei. Die grundlegenden Ausführungen, 
an die dabei gedacht ist, finden sich z. B. in dem Urteile vom 6. Januar 1894 
— Entsch. des OVG. Bd. 26 S. 85 —, wo folgendes ausgeführt ist: 
„Sachlich kommt in Betracht, ob die streitigen Kosten durch einen Akt 
der Landes= oder Ortspolizei erwachsen sind. Der Gegensatz zwischen den 
Funktionen beider, welcher im geschriebenen Rechte nicht definiert ist, wird 
in der Wissenschaft (Förstemann, Polizeirecht S. 78; Rosin, Polizei- 
verordnungsrecht S. 100) wie in der Rechtsprechung (Entsch. des Obertribu- 
nals Bd. 80 S. 410, d. OG. 12 S. 326) auf zwei vielfach sich durch- 
kreuzende Momente gegründet, einmal auf ein materielles, je nachdem 
die polizeilich zu schützenden Gemeininteressen in erster Reihe solche der nach- 
barlichen örtlichen Gemeinschaften (Gemeinden usw.) sind, oder ob sie über 
diese räumliche Beschränkung hinaus in weiteren Bezirken, vielleicht als un- 
mittelbar einheitliche Interessen des Staates hervortreten, und daneben zwei- 
tens auf ein formales Moment, in dem durch positive Normen Gemein- 
interessen der ersteren Art dennoch zu solchen des Landes — und die der 
letzteren Art zu solchen der Ortspolizei erklärt worden sind.“ 
Die Entscheidung geht also davon aus, daß auch Tätigkeiten, die 
unmittelbar und in erster Linie dem Staatsinteresse dienen, dennoch vielfach 
durch positive Vorschrift zu Angelegenheiten der Ortspolizeiverwaltung er- 
klärt worden seien. In den weiteren Ausführungen wird dann festgestellt, 
daß solche Vorschriften für die Bekämpfung der ansteckenden Krankheiten 
zur Zeit des Urteils jedenfalls erschöpfend nicht ergangen waren, und es wird 
dem auf dem Unterschiede der zu schützenden Interessen beruhenden, soge- 
nannten materiellen Gegensatze zwischen Orts= und Landespolizei nur, weil 
und soweit es an positiven Vorschriften dieser Art fehlt, maßgebende Bedeu- 
tung für die Entscheidung der Frage beigelegt, ob die eine oder andere Behörde 
zuständig ist und ob wegen dieser Zuständigkeit die Kosten zu denen der Orts- 
oder Landespolizei gehören. Auch die anderen beiden Urteile vom 11. Febr. 
1896 und vom 27. Juni 1899 (Entsch. des OVG. Bd. 29 S. 99 und Bd. 36 
S. 6), auf welche die Stadtgemeinde sich beruft, beziehen sich lediglich auf 
die Bekämpfung der ansteckenden Krankheiten und nehmen auf den Gedanken- 
gang der Entscheidung vom 6. Januar 1894 ausdrücklich Bezug. 
In einer Anzahl weiterer Urteile z. B. vom 14. Dezember 1899 und 
vom 25. November 1904 (Entsch. des OVWG. Bd. 36 S. 403 und Bd. 46 
S. 423) hat das Oberverwaltungsgericht gleichfalls die Frage, ob eine Maß- 
nahme unmittelbar und in erster Linie dem örtlichen Gemeinde= oder dem all- 
gemeinen Staatsinteresse dient, nur auf solchen Gebieten als entscheidend 
erachtet, auf denen die Zuständigkeit der Orts= und Landespolizeibehörden 
nicht durch ausdrückliche Vorschriften voneinander abgegrenzt ist. Und zwar 
werden stets die Kosten der getroffenen Maßnahme als solche der Orts= und 
Landespolizei bezeichnet, weil und soweit die Zuständigkeit der einen oder 
anderen Behörde sich mangels positiver Vorschrift nach dem Zwecke der 
Maßnahme richtet. 
 
	        
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