Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

46 Allgemeiner Teil. 
Das Zwangsmittel (die Exekutivstrafe) kann festgesetzt werden, 
sobald die zur Ausführung der polizeilichen Anordnung gesetzte Frist 
verstrichen ist, auch wenn die zur Einlegung des Rechtsmittels gegen 
die Androhung des Zwangsmittels gesetzte Frist noch läuft, denn nach 
§ 53 LVG. hat nur die Anbringung des Rechtsmittels aufschiebende 
Wirkung. Sobald jedoch ein Rechtsmittel eingelegt ist, muß die Voll- 
streckung eingestellt werden. 
Nach der Praxis des OVG. ist die Androhung von polizeilichen 
Zwangsstrafen auch gegenüber solchen Handlungen und Unterlassungen 
zulässig, welche mit öffentlicher Strafe bedroht sind So kann also 
3..B. die Polizei gegen Kuppelei auch mit Exekutivstrafen vorgehen 
neben der Bestrafung der Kuppelei durch den Strafrichter; oder sie 
kann gegen einen konzessionspflichtigen Gewerbebetrieb einschreiten, 
der unerlaubt ist, und ist nicht etwa bloß darauf angewiesen, die straf- 
richterliche Verfolgung herbeizuführen. Denn das Einschreiten der 
Polizei richtet sich gegen den gesetzwidrigen Zustand und will dessen. 
Fortdauer verhindern; das der Strafgerichte bezweckt etwas 
hiervon wesentlich Verschiedenes, nämlich lediglich die Herbeiführung 
der Bestrafung wegen eines gesetzwidrigen Handelns oder Unterlassens. 
Die Entscheidung des Strafrichters bindet die Polizei nicht. Vgl. hierzu 
O. 32 S. 293/4: 
„Es ist auch nicht richtig, daß bei dem gleichzeitigen Einschreiten der 
Polizeibehörde und des Strafrichters wegen des gleichen Tatbestandes die 
Entscheidung des letzteren für die erstere maßgebend ist ... Das Einschreiten 
der Polizei richtet sich gegen den gesetzwidrigen Zustand und will dessen 
Fortdauer verhindern; das der Strafgerichte bezweckt etwas hiervon wesent- 
lich Verschiedenes, nämlich lediglich die Herbeiführung der Bestrafung wegen 
eines gesetzwidrigen Handelns oder Unterlassens. Bei ihrem Einschreiten hat 
die Polizeibehörde die Selbständigkeit und Unabhängigkeit, welche grundsätzlich 
jeder Behörde gegenüber Behörden anderer Art zusteht, auch gegenuber den 
Strafgerichten, und dies gilt bei dem Einschreiten gegen einen konzessions- 
pflichtigen, aber nicht konzessionierten Gewerbebetrieb ebenfalls, da insoweit 
weder durch die §§ 2 und 10 Tit. 17 Teil II ALR. oder die §§ 15 Abs. 2 und 
147 Nr. 1 der RGew O. noch durch sonstige Vorschriften der Polizeibehörde Be- 
schränkungen auferlegt sind.“ 
Dagegen ist die Androhung und Festsetzung von Exekutivstrafen 
dann ausgeschlossen, wenn „das durch die Strafnorm und das durch 
die Einzelanordnung ausgedrückte Ge= oder Verbot nach Gegen- 
stand, Ziel oder Voraussetzung sich vollständig decken.“ (OVG. 23 
S. 388). Letzteres ist nicht der Fall — das Zwangsmittel also zulässig 
— wenn die Androhung der Exekutivstrafe die Beseitigung eines 
dauernden gesetzwidrigen Zustandes bezweckte, weil sie alsdann einen 
wesentlich anderen Zweck verfolgen würde, als die für die einzelne 
Handlung angedrohte Strafe. (Vgl. hierzu den Aufsatz von v. Leyden
	        
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