Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

68 Allgemeiner Teil. 
der Polizei, durch Verordnungen die ihr nötig erscheinenden Anstalten zu 
treffen, der Regel nach begrenzt wird durch den 8101117 ALR., daß die An— 
stalten sich also beschränken müssen auf die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, 
Sicherheit und Ordnung und auf die Abwendung der dem Publikum oder ein— 
zelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr. Nach den Feststellungen 
des LG. dient nun das eine von der Polizei dem Magistrat zur Verfügung ge— 
stellte Exemplar zur Benutzung bei Aufstellung von Wählerlisten, Statistiken 
und Steuernachweisen, keinesfalls also polizeilichen Interessen. Das weitere 
Exemplar wird dem Meldepflichtigen als Bescheinigung über die erfolgte Mel— 
dung zurückgegeben. Auch dieses dient also nicht polizeilichen Interessen. Von 
einer Abwendung einer Gefahr ist also keine Rede. In einer Verf. vom 
16. Jan. 1904 (M Bl. f. d. i. Verw. S. 40) erkennt auch der Minister des 
Innern an, daß die Meldebehörde schon durch eine Meldung in einem Exem- 
plar erfährt, was sie in polizeilichem Interesse wissen muß. Er nimmt nur an, 
daß die Einreichung mehrerer Exemplare im eigenen Interesse des Melde- 
pflichtigen liege. Dies mag zutreffen. Ein lediglich dem eigenen Interesse 
entsprechendes Verhalten kann aber nicht durch Strafen erzwungen werden. 
Insoweit ist die gedachte Polizeiverordnung deshalb rechtsungültig.“ 
Zulässig ist dagegen eine Polizeiverordnung, welche den Haus- 
eigentümern einer Stadt gebietet, die Häuser um 10 Uhr abends 
zu schließen, weil der Straßenverkehr in großen Städten die Befürch- 
tung begründet, daß Verbrecher und sonst lichtscheues Gesindel zur 
Nachtzeit in leicht zugänglichen Häusern sich zwecks Verübung von 
Überfällen auf Passanten oder von grobem Unfug sammeln und von 
dort aus Streifzüge unternehmen, oder auch nach Verübung von Straf- 
taten jener Art in den offenen Häusern Zuflucht und Schutz vor der 
Verfolgung durch Sicherheitsbeamte suchen (KG. in DJ3. 1912 
S. 1533). 
b) Strafandrohung entweder in der Polizeiverord- 
mung oder in einem Blankettstrafgesetz. Vgl. hierzu OVG. 33 
S. 344/5: 
„Zum Wesen der Polizeiverordnungen nach den 885ff. des Gesetzes 
über die Polizeiverwaltung und den 88 136ff. des LVG. gehört es, daß sie 
gegenüber den Untertanen, um diese zu binden, bestimmte polizeiliche Ge— 
bote oder Verbote aufstellen und für den Fall des Zuwiderhandelns eine 
Strafdrohung aussprechen (8§ 5, 11 des Gesetzes vom 11. März 1850 und 
8§ 136, 137 des LVG.: „Vorschriften erlassen und gegen die Nichtbefolgung 
derselben Geldstrafen androhen“), oder daß sie doch wenigstens Gebote oder 
Verbote aufstellen, namentlich, wenn die Strafdrohung schon anderweit ge- 
troffen ist, in Anlehnung hieran. Es mag auch umgekehrt ausreichen, daß, 
wenn schon anderweit den Untertanen gewisse polizeiliche Gebote oder Ver- 
bote verkündet sind, ohne sie durch eine Strafdrohung zu sanktionieren, in Er- 
gänzung dieser Strafsanktion durch eine Polizeiverordnung nur eine Straf- 
drohung ausgesprochen wird (Rosin, Das Polizeiverordnungsrecht in Preußen, 
2. Aufl. S. 74 ff., besonders S. 76 Anm. 4 und S. 84). Soll aber gegen- 
über den Untertanen weder ein Gebot oder ein Verbot noch eine Strafdrohung 
zum Ausdruck gebracht werden, ist dies sogar der Natur der Sache nach gar 
nicht möglich, so ist eine Polizeiverordnung ausgeschlossen. Eine Polizei- 
verordnung, die bloß eine andere Behörde bindende Normen trifft, hat nur 
den äußeren Schein einer Polizeiverordnung; in Wirklichkeit ist sie keine
	        
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