Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

84 Allgemeiner Teil. 
einer Polizeistrafverordnung begrifflich verschieden ist, und daß sie als eine 
solche nicht angesehen werden kann. Es ist dies aber auch offenbar der Wille 
des Gesetzgebers gewesen. Das RG. v. 23. Juni 1880 nämlich ist entnommen 
dem preuß. Gesetze vom 25. Juni 1875, betreffend die Abwehr und Unter- 
drückung von Viehseuchen. In diesem ist in §2 die Anordnung von Ein 
fuhrverboten und Verkehrsbeschränkungen nicht den Inhabern des Polizei- 
verordnungsrechts, also zu damaliger Zeit den Bezirksregierungen, sondern 
der Landespolizeibehörde übertragen. An die Stelle dieser Behörde ist zwar 
in dem Ausführungsgesetze vom 12. März 1881 der Regierungspräsident 
getreten, es ist dies jedoch nach den Motiven zu diesem Gesetze nicht geschehen, 
um von den Grundsätzen des früheren Gesetzes abzugehen, sondern lediglich 
zur Beseitigung der Zweifel, welche in der Praxis der allgemeine Ausdruck 
„Landespolizeibehörde“ hervorgerufen hatte. Hätte man beabsichtigt, den 
Regierungspräsidenten in seiner Eigenschaft als Polizeiverordnungsberechtigten 
mit der Anordnung des Verbotes beziehentlich der Verkehrsbeschränkungen 
zu betrauen, hätte man also gewollt, daß seine Anordnungen die Kraft und 
Bedeutung von Polizeistrafverordnungen haben und in der Form solcher 
auftreten sollten, so hätte man die desfalligen Befugnisse des Regierungs- 
präsidenten wohl an die Zustimmung des Bezirksrates, nicht aber an die 
Genehmigung des Ministers für Landwirtschaft usw. binden müssen. 
Aus allen diesen Erwägungen folgt, daß die Vorinstanz von einen 
Rechtsirrtum ausgeht, wenn sie der Verordnung vom 12. November 1889 
die Rechtsgültigkeit lediglich deshalb abspricht, weil sie den Erfordernissen 
nicht entspricht, die der §140 des Gesetzes vom 30. Juli 1883 für die 
Polizeiverordnungen aufstellt.“ (RG. 22 S. 192—94). 
III. Die „Anordnungen“ werden in ortsüblicher Weise bekannt 
gemacht und treten im Zweifel sofort in Kraft (KG. bei Johow 2 
S. 266). Sie können sich als „Verordnungen“ bezeichnen. Auch 
können sie in die Form einer Polizeiverordnung gekleidet werden, 
doch brauchen sie die für diese vorgeschriebenen Formen nicht wahren, 
auch nicht die sonst erforderliche Mitwirkung anderer Organe. Sie 
sind Rechtsnormen, ihre Verletzung begründet daher die Revision 
in Strafsachen. Sie gelten aber gleichwohl nicht als Strafgesetze, 
weil ihre Verletzung lediglich nach dem Strafgesetzbuch, Viehseuchen- 
gesetz usw. bestraft wird. Daraus folgt, daß der Irrtum über ihre 
Existenz oder die Unkenntnis nach §59 St GB. zu beachten ist. Für 
die Zuwiderhandlungen gegen § 328 StE#B. gilt dies insbesondere 
deshalb, weil nur ein wissentliches Zuwiderhandeln strafbar ist 
(RG. in Strafs. 28 S. 196/7 und 36. S. 362). 
o11. 
Polizeiverfügungen. 
I. Begriff (allgemein). Eine Polizeiverfügung ist eine polizei- 
liche Anordnung, die einen Tatbestand konkret regelt, wie ihn eine 
abstrakte Rechtsnorm (Gesetz oder Verordnung) geregelt wissen will 
(Hübler). Vgl. im einzelnen § 11 Va.
	        
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