98
einflußreich fuͤr einen Fuͤrsten die Menschen sind, von denen er um—
geben ist. Johann Georg IV. war ein Mann von gutem Herzen,
von mancherlei geistigen Vorzuͤgen und hatte an seinem verstorbenen
Vater ein vielfach rühmliches Vorbild gehabt: man haͤtte also meinen
sollen, er werde sein Land allseitig beglücken. Aber die Umgebungen
übten eine zu große Gewalt über ihn. Er hatte schon als Prinz ein
Fräulein von Neidschüßt zur Gemahlin nehmen wollen; da dies aber
die Eltern aus guten Gründen nicht gestatten konnten, sondern ihm
eine ebenbürtige und sehr würdige Gemahlin selbst auserlasen, so ent-
stand daraus eine sehr unglückliche Ehe, ungefähr der zu vergleichen,
in welcher einst Albrecht der Unartige gelebt hatte. Und das hatte
auch auf die Regierung dee Landes den wichtigsten Einfluß. Eben so
wußte der Feldmarschall Schöning sich bei Georg IV. sehr in Gunst
zu seben und verleitete ihn abermals zu Manchem, was nicht zu des
Landes Wohlfahrt gereichte. — So war Georg in der kurzen Seit
seiner Regierung erst Oestreichs, dann Frankreichs, dann wiederum
Oestreichs Freund, nnd eine große Anzahl Landeskinder wurden wie-
derum nutzlosen Kriegen zum Raube. Doch der Tod führte ihn
früh hinweg. Er starb an den Blattern 1694, also nach kaum drei-
jähriger Regierung, und war der letzte Fürst, der in die ehrwürdige
Begräbnißgruft zu Freiberg gelegt wurde.
28. April.
Das Pirnaitlehe Elend.
So wie Wurzen im dreißigjährigen Kriege seine Marterwoche
hatte (siehe den 7. April); so hatte Pirna im April 1639 eine Schrek-
kenszeit, die man das Pirnaische Elend nennt. Und gerade der
heutige Tag war vorzugsweise ein Schreckenstag für die armen Ein-
wohner. Der grausame Banner, der so furchtbar in Sachsen wüthete,
hatte Pirna mit Sturm eingenommen und übte nun die unerhörte-
sten Greuelthaten mit seinen zugellosen Schaaren. Gegen vierhundert
Häuser wurden außerhalb der Ringmauern und drei und siebzig n
der Stadt niedergebrannt. Dabei war wochenlang fortdauernde Plün-
derung und ein unerhörtes Mißhandeln und Morden. Hunderte von
Einwohnern würden in den den Häusern, auf den Gassen, ja selbst an
den Stufen der Altäre ermordet. Andere wurden mit dem Schwe-
dentrunke gequält, damit sie verborgene Schätze entdecken sollten. Noch
Andere wurden durch langsames Braten über einem Feuer oder durch
zahllose andere Qualen getödtet. Endlich bat noch die Tochter Johann
Georg's, Maria Sibplla, bei Banner für die arme Stadt und erweichte