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legte in ihm die entschiedenste Vorliebe fuͤr Theaterstuͤcke. Er ward
nachmals in der hohen Schule zu Stuttgart erzogen; da aber das
Leben auf dieser Anstalt hoͤchst eingeschraͤnkt und niederdruͤckend war,
so gewoͤhnte sich Schiller fruͤhzeitig, mehr in der Vorwelt und im
Uebersinnlichen zu leben, als in der Wirklichkeit. Er trieb erst die
Rechtswissenschaft, dann die Arzneikunde, immer aber am liebsten
Geschichtskunde und Poesie. Schon damals dichtete er nebst meh—
ren kleinen Gedichten sein erstes Schauspiel: „Die Raͤuber,“ das
freilich fast durchgaͤngig Menschen darstellt, wie sie nicht in der Welt
gefunden werden, weil Schiller damals die Menschen noch nicht kannte,
wie sie sind. Da dies erste Dichterwerk dem Herzog von Wuͤrtemberg
anstößig gewesen war und er ihm verbieten ließ, künftig etwas
Anderes als Medicinisches zu schreiben: so ging Schiller heimlich
aus dem Vaterlande hinweg und lebte eine Zeit lang theils bei
Meiningen auf einem Landgute, theils in Manheim, wo die Trauer-
spiele „Fiesco“ und „Cabale und Liebe“ entstanden. Nun drang
sein Ruhm täglich weiter; von allen Seiten aber ward er ausgezeich-
net, vom Großherzog zu Weimar aber zum „Rathe“ ernannt. Er
beschloß nun zu reisen und lebte da von 1785 bis 1787 meist in
Sachsen. Dann aber ging er nach Weimar, wo er vom Großher=
zog glänzend aufgenommen und angestelle wurde, und blieb auch dort
bis zu seinem Tode. Hier schrieb er num die unsterblichen Trauer-
spiele „Wallenstein, Maria Stuart, Jungfrau von Orleans, Wil-
helm Tell“ und andere herrliche Dichtungen. Hier entstand seine
Geschichte des dreißigjährigen Krieges und des Abfalls der Niederlande,
die so großes Aufsehen erregten. Hier arbeitete er in Verbindung
mit den großen Geistern, die in Weimar und Jena lebten, rastlos
für Kunst und Wissenschaft. Aber freilich ward sein Köôrper auch
durch das viele Arbeiten, durch die häufigen Nachtwachen — denn
er arbeitete stets des Nachts — und durch die oft genossenen Reiz-
mittel mächtig angegriffen. Darum starb er viel zu früh für sein
Volk und seine Mitwelt, die ihn betrauerte, wie nie ein deutscher
ichter betrauert worden ist, in der Nacht vom 9. zum 10. Mai
1805.
11. Mai.
Gekecht bei Bitchokswerda und Zerltörung der. Stadt.
Den 8. Mai 1813 rückten, wie wir sahen, die Franzosen wie-
der in Dresden ein und verfolgten nun immer weiter die verbünde-
ten Russen und Preußen, welche sich über die Elbe zurückgezogen