Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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war, einen Trompeter uͤber die Bruͤstung des Stephansthurms mit 
einer Hand herauszuhalten, die staͤrksten Hufeisen zu zerbrechen, und 
dergleichen mehr. Er zeigte schon damals, daß ihm sein Mutterland 
zu klein, sein Wirkungskreis zu beschraͤnkt, der Dresdner Hofstaat 
und die ganze Residenz zu glanzlos sei. Er strebte offenbar nach 
Hoͤherm uͤnd konnte namentlich aͤußern Glanz nicht entbehren. Als 
sein Bruder unerwartet nach kurzer Regierung starb und er nun fast 
vierzig Jahre lang das Ruder des sächsischen Staates führte, wie 
viel hat da dem Vaterlande sein Ehrgeiz, seine Prachtliebe und Ver- 
schwendung, seine Sinnlichkeit und Vergnügungssucht gekostet! Aber 
wie viel hat auch August's Geist und Geschmack zur Verschönerung 
des Landes, insonderheit der Hauptstadt, gethan! — Er schloß sich 
als Kurfürst eng an Oestreich an und führte sogleich im zweiten 
Fahre seiner Regierung achttausend Sachsen nach Ungarn gegen die 
Türken. Doch wenn auch die Türken seinen gewaltigen Arm be- 
wunderten und ihn Demir helha — die eiserne Hand — nannten: 
so schien doch sein Geist'ihnen wenig furchtbar, und sie besiegten ihn 
bei Olasch so, daß er nach Wien und Dresden zurückkehrte und sei- 
nen Plaß in Ungarn einem wahren Feldherrn, dem Prinzen Eugen, 
überließ. In dieser Zeit (1696) ward der Königsthron in Polen 
erledigt, und nun richtete August einzig seinen Blick auf dieses Land, 
das ihm zu dem Kurhute eine Krone zu geben vermochte. Die- 
Mittel, die hier zum Zwecke führen konnten, waren ihm freilich 
ziemlich gleichgiltig. Er, der vornehmste Protestant Deutschlands, 
trat am 2. Juni zum katholischen Glauben über; er verkaufte 
oder verpfändete seine sächsischen Stammländer, um Geld herbeizu- 
schaffenz er vernachlässigte sein Sachsen — um des undankbaren 
Polens willen. — Doch von seiner Regierung und seinen Schick- 
salen als König werden wir (unterm 24. Juni) Mehres hören. 
1 13. Mai. 
Friede zu Teltrhen. 
Ein kurzer und an sich unbedeutender Krieg war der baieri- 
sche Erbfolgekrieg, den man auch den einjährigen oder spott- 
weise den Kartoffelkrieg nannte, weil die Soldaten, ohne irgend 
eine Heldenthat zu thun, nur den Kartoffeln fleißig zusprachen. Aber 
auch er ist der Erwähnung werth, theils weil man hier recht deutlich 
die Ungerechtigkeit des Kaisers sah, theils weil unser Erzgebirge auch 
bei diesem Kriege wieder durch die Oestreicher großen Schaden er- 
litt. (Siehe den 11. September.) — Der Kurfürst Maximilian Jo-
	        
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