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der katholischen Lehre in unserm protestantischen Vaterlande zusehends
überhand. Es kamen viele Priester, namentlich Böhmen] und Ita-
liener, herein; es wurden Capellen erbaut und den Katholiken manche
Vorrechte eingeräumt. Das machte viele Protestanten in Sachsen um ihre
Glaubensfreiheit schwer besorgt, und besonders in Dresden entstanden
offenbare Gährungen. Mehre Prediger eiferten vielleicht allzueifrig
gegen den katholischen Glauben und seine neuangekommenen Beken-
ner. Dies gab zu einem traurigen Auftritte in Dresden am 21.
Mai 1726 Anlaß. Der Diakonus Hahn an der Kreuzkirche hatte
nemlich auch öfter wider den Katholicismus gesprochen, und hatte
dadurch wohl den Haß der Gegenpartei auf sich gelenkt. Am Mor-
gen des 21. Mai ward er aus seiner Stube auf den Vorsaal geru-
fen, weil ein gewisser Schloßtrabant Franz Laubler, den er wohl
kannte, mit ihm sprechen wolle. Kaum war er aber vor die Thüre
getreten, als ihn dieser mit einem Messer augenblicklich niederstieß.
Laubler war früher als Katholik von Augsburg gekommen, war Pro-
testant geworden und nachmals wieder zur katholischen Kirche zurück-
gekehrt. Hahn's Ermordung und die Frevelthat Laubler's brachte
das Volk in Dresden zum Aufruhrz man ließ keinen Geistlichen mehr
ohne Bürgerwache aus dem Hause gehen; man fing an, gegen die
Häuser der Katholiken erbittert loszuziehen. Der Feldmarschall
Wackerbarth mußte vier Regimenter einrücken lassen, um Ruhe zu
erzwingen. Es ward aber nicht eher ruhig, bis Laubler auf dem
Markte zu Dresden gerädert worden war.
22. Mai.
Alenzel ttirbt auf dem Königltein.
Zum schnellern Ausbruche des siebenjährigen Krieges, der unser
Vaterland am hartesten heimsuchte, trug die Verrätherei eines Un-
glücklichen wesentlich bei. Der geheime Secretair Friedrich Wil-
helm Menzel in Dresden war durch seine Sucht zu glänzen und
durch rasende Verschwendung in bittere Geldverlegenheit gerathen, hatte
deshalb eine königliche Casse angegriffen, und fürchtete jeden Augen-
blick, daß seine Veruntreuung entdeckt werden möge. Da traf er zu-
fällig mit dem in Dresden lebenden preußischen Gesandten zusammen.
Dieser hatte von seinem Könige damals eben den Auftrag erhalten,
ihm doch die Briefe zu verschaffen, welche wegen eines Bündnisses
gegen Friedrich den Großen zwischen Nußland, Oestreich und Sachsen
gewechselt worden waren. Der unglückliche Menzel, welchem der
Gesandte große Summen bot, lieferte bald sämmtliche geheime Pa-