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andern Ungluͤcksgefaͤhrten gewaltsam nach Amerika, um im englischen
Dienste gegen die Nordamerikaner zu fechten. Der bald abgeschlos-
sene Friede führte ihn nicht ins Vaterland zurück. Preußische Wer-
ber zwangen ihn nun zum Dienste unter der preußischen Armee,
und nur nach mancherlei Versuchen zu desertiren gelang es ihm,
nach Sachsen zurückzukehren. Als Secretair des russischen Gene-
rals Igelströhm in Warschau erlebte Seume die Schreckenstage
der polnischen Revolution 1794. Schen hielt man ihn in Leipzig
für todt, als er unerwartet und zur großen Freude seiner Freunde
hier eintraf. Nun lebte er eine Zeit lang in Leipzig und in Grim-
ma, indem er durch Correcturen seinen Lebensunterhalt gewann.
Jedoch lebenskräftig und wißbegierig, wie er war, vermochte er noch
nicht im Vaterlande zu ruhen, sondern unternahm vielmehr eine
Fußreise durch Oestreich, Italien, Sicilien und die Schweiz, die
er im Jahre 1802 in neun Monaten beendete und als „Spazier--
gang nach Syrakus“ sehr anziehend beschrieb; wie er auch einen
1805 nach Rußland, Finnland und Schweden unternommenen Aus-
flug in der Schrift: „Mein Sommer“ erzählt hat.
141. Juni.
Heriog Karl Zugutt von Weimar ütirbt
Was in der Geschichte Kursachsens Vater August ist, das ist
in der Regentengeschichte des Herzogthums Weimar Karl August,
der vor zwölf Jahren verstorbene Großherzog. Er sorgte, wie einst
Kurfürst August, in seiner langen, drei und funfzigjährigen Regie-
rung unablässig und wahrhaft väterlich für Alles, was nur irgend
zum Wohle seiner Landeskinder gereichen konnte. Er richtete in ei-
nem kleinen Lande und mit kleinen Mitteln Großes aus. Er machte
sein Land zu einem Wohnsitze der Aufklärung, der Kunst und Wis-
senschaft und einer wahrhaft edlen Freiheit. Sein Name wird sei-
nen Unterthanen ewig unvergeßlich und der Segen seines Wirkens
unvergänglich bleiben. Karl August ward geboren 1757 im sieben-
jährigen Kriege und verlor schon das Jahr darnach seinen Vater.
Aber die treffliche Mutter Amalie, die auch die Landesverwaltung
ausgezeichnet fuͤhrte, gab dem Sohne durch auserwaͤhlte Maͤnner
die beste Erziehung und legte schon da den Grund zu alle dem
Edlen und Herrlichen, das der Sohn späterhin in seinem Vater-
lande schuf. Auf seinen Reisen lernte der Prinz den damals fünf
und zwanzigjährigen Dichter Göthe kennen und schloß mit ihm ei-
nen Freundschaftsbund, der eine ganze, lange Lebenszeit hindurch