Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

2 
A 
  
in unglaubliches Elend gerathen. Viele hundert Tausende von Krie- 
gern aus allen Nationen Europa's und die rohesten Horden der Asia- 
ten hatten es ausgesaugt; Dörfer und Städte waren zerstört; über 
hunderttausend Einwohner hatten in einem Jahre die pestartigen 
Seuchen verschlungen; alles Getreide, alles Zug= und Zuchtvieh war 
geraubt; alles Geld war durch diesen Krieg, der Sachsen vom Januar 
1813 bis Juli 1814 an sieben und sechzig Millionen Thaler kostete, 
unglaublich rar geworden; zahllose Wittwen und Waisen waren im 
gräßlichsten Zustande und irrten brod= und obdachlos auf den Stra- 
ßen umher; der Konig, der so väterlich gesorgt hatte, war gefangen 
in Berlin und die Verwaltung des Landes in fremde Hände gegeben. 
Wer noch bemittelt war und helfen konnte, gab freilich nach Kraften; 
aber die eignen Mittel des Vaterlands reichten nicht aus. Welch' ein 
freudiger Tag war daher der 2. Januar 1815, wo aus England für 
die armen Sachsen eine Unterstutzung von sieben und siebzigtausend 
sechshundert Pfund Sterl. anlangte! Wie segnete man damals die 
Großmuth des englischen Volks und den Namen Ackermann's, der 
als armer Wagnergesell von Sachsen nach London gegangen und jetzt 
durch Sammlung einer so bedeutenden Summe der Helfer seines 
Geburtslandes geworden war! Wir werden davon unterm 23. April 
noch Mehreres hören. — 
3. Jannar. 
Lessingsstift in Camenz. 
Im Jahre 1729 wurde in Camenz einer der größten deut- 
schen Gelehrten, Ephraim Lessing, geboren. Um nun sein Andenken 
auf eine würdige Weise zu ehren und zu erhalten, beschloß man hun- 
dert Jahre nach Lessing's Geburtstage, ein großes Krankenhaus in 
Camenz zu eröffnen, worin arme Kranke aus allen Ländern und 
Glaubensparteien Aufnahme und Rettung finden sollten. Ein ehr- 
würdiger Menschenfreund, Dr. Bönit, brachte unter unsäglichen 
Instrengungen die schöne Anstalt zu Stande, ward aber auch selbst 
durch einen Fall vom Baugerüste das Opfer seines liebreichen Eifers. 
Unter dem Namen Barmherzigkeitsstift wurde das Haus am 3. 
Jan. 1829 eröffnet und hat seitdem vielen Hunderten armer Kranker, 
Verunglückter und Geistesschwacher Aufnahme, Verpflegung und Hei- 
lung gewährt. — Es ist eine treffliche Heilanstalt, die vielleicht auch 
Euch, lieben Kinder, einmal in Krankheitsnoth von großem Nutzen 
sein könnte, wenn ihr Euch einer langwierigen Krankbeit oder einer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.