Full text: Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte.

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Martern unerschütterlich standhaft, weniger aber Brück. Die Uebri- 
gen wurden durch Schwert oder Strang hingerichtet. So grausen- 
erregend waren damals noch die Strafen, zu denen man Uebelthäter 
verurtheilte. 
19. April. 
Aael-lanchthon ttirbt. 
Am 16. Februar 1497 wurde zu Bretten im Badenschen der 
unsterbliche Mitgründer der Reformation Philipp Melanchthon ge- 
boren, und den 19. April 1560 schied er wieder von der Erde. Laßt 
uns seinem Andenken heute einige Augenblicke weihen: sein unver- 
geßliches Verdienst ist der dankbarsten Erinnerung werth. Melan- 
chthon hieß eigentlich Schwarzerd und wurde erst später in seinem 
zwölften Jahre von dem gelehrten Reuchlin, einem Verwandten, 
mit dem Namen belegt, den er fortan stets mit so großem Ruhme 
trug. Melanchthon war ein ausgezeichnetes Genie, das in allen 
Wissenschaften, namentlich aber in der griechischen Sprache reißende 
Fortschritte machte. Schon nach vollendekem zwölften Lebensjahre 
konnte er die Universität zu Heidelberg beziehen und mit funfzehn 
Jahren Magister werden. Im Jahre 1518 rief ihn der große Kur- 
fürst von Sachsen nach Wittenberg zu einer Professorstelle, und hier 
lehrte er mit so unglaublichem Beifall, daß er oft zwei bis dritthalb- 
tausend Zuhörer hatte, die von sich selber sagten: „Die Apostel kön- 
nen Christo nicht aufmerksamer zugehörk haben, als wir Studenten 
dem Melanchthon.“ Doch seine schönste Wirksamkeit offenbarte sich 
beim Reformationswerke. Melanchthon war vom ersten Tage an 
Luther's Freund gewesen und blieb es fürs ganze Leben. Und das 
war von unaussprechlicher Wichtigkeit für die neue, gereinigte Lehre. 
Denn Luther war stürmisch und oft sehr hitzig — Melanchthon 
sanft und ruhig; Luther war muthig und unerschrocken — Melan- 
chthon weit zaghafter; Luther war hartnäckig und oft allzusehr auf sei- 
nem Willen beharrlich — Melanchthon dagegen nachgiebig und 
überall zur Einigkeit geneigt; Luther war lebenserfahren und viel- 
gewandt — Melanchthon zwar an Welt= und Menschenkenntniß är- 
mer, aber an Gelehrsamkeit reicher, umfassender als sein großer 
Freund. So mußte durch die Vereinigung Beider Großes zu Stande 
kommen. Melanchthon verfertigte hauptsächlich die beiden Meister- 
werke: „die Augsburgische Confession und die Apologie die- 
ser Confession.“ Er schrieb viele andere Schriften, alle voll Scharf- 
sinn und tiefen Geistes. Er verbesserte und errichtete viele Schulen.
	        
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