Stammvermögen — Standesämter. 577
am 15. Februar jeden Jahres an den Civilvorsitzenden der Ersatzcom-
mission (s. d.) eingesendet (Wehrordnung von 1888 S. 609, 8§ 45, 46).
Die Bestrafung wegen unterlassener Anmeldung zur St. erfolgt durch
die Stadträthe, Bürgermeister und Gemeindevorstände nach dem in Ver-
waltungsstrafsachen (s. d.) geordneten Verfahren (Wehrordnung § 251#1,
VO. vom 30. Juni 1877 S. 242); die Entschließung über Gnaden-
gesuche gebührt dem Kriegsministerium (DKB. von 1878 S. 21). In
die St. sind alle Bestrafungen, auch die Uebertretungen und die vor
Eintritt in das militärpflichtige Alter erfolgten, einzutragen. Die Po-
lizeibehörden und Civilvorsitzenden sind daher von allen derartigen Be-
strafungen, Untersuchungseinleitungen 2c. durch die Gerichte zu benach-
richtigen (Gesch O. § 698). Ueber die Geburtslisten als Unterlagen der
Stammrollen und die Todesanzeigen zu ihrer Berichtigung s. Geburts-
listen II. Der Aufstellung besonderer Stammrollen durch die Strafan-
staltsdirectionen bedarf es nicht mehr (MVO. vom 31. Mai 1877).
Stammvermögen, s. Gemeindevermögen, Kirchenvermögen.
Standesämter, Standesbeamte, Standesamtsbezirke. I. Die Beur-
kundung von Geburten, Heirathen und Sterbefällen erfolgt ausschließlich
durch die vom Staate bestellten St. mittelst Eintrages in die Standes-
register (s. d.). Auch die Eheschließung kann rechtsgültig nur vor dem
St. erfolgen. Durch diese Bestimmungen wird jedoch weder die Fort-
führung der Kirchenbücher (s. d.) und die Ausstellung von Zeugnissen
auf Grund der Kirchenbücher noch die kirchliche Verpflichtung in Bezug
auf Taufe und Trauung (s. Kirchenzucht) berührt, vielmehr sollen die
St. auf das Fortbestehen dieser Verpflichtung bei der Anmeldung von
Geburten und Eheschließungen (s. d. B I 1) die Anmeldenden noch be-
sonders aufmerksam machen und hierauf bei ihrer Inpflichtnahme selbst
aufmerksam gemacht werden, wie andrerseits die Geistlichen bei Strafe
kirchliche Trauungen nicht vor Nachweis der bürgerlichen Eheschließung
vornehmen dürfen (RGes. vom 6. Februar 1875 S. 23 §§ 1, 41, 67,
73, 82, A#VO. vom 6. November 1875 S. 351 S§ 10,).
II. Für jeden Standesamtsbezirk ist ein Standesbeamter und
mindestens ein Stellvertreter zu bestellen. Die St. können aus einer
oder mehreren Gemeinden bestehen. In größeren Gemeinden können
mehrere St. gebildet werden. Selbstständige Gutsbezirke stehen den Ge-
meinden gleich. Die Bildung erfolgt durch die Kreishauptmannschaften;
jede Abänderung ist öffentlich bekannt zu machen und der Kreishaupt-
mannschaft anzuzeigen (NGes. §§8 2, 31, 10, A#O. vom 6. November
1875 S. 351 §8 11, 11, 3KB. von 1876 S. 24). In der Regel sollen
St. und Pfarrbezirke sich decken. Ausnahmen sind dann zu machen,
wenn eine Ortschaft zu verschiedenen Kirchspielen und wenn sächsische
Ortschaften zu nichtsächsischen Kirchspielen gehören, wenn Kirchspiele aus
Ortschaften verschiedener amtshauptmannschaftlicher Bezirke oder verschie-
dener Gerichtsbezirke oder wenn Städte aus verschiedenen Kirchspielen
bestehen oder ländliche Ortschaften zu städtischen Kirchspielen gehören. Länd-
liche Kirchspiele, die sehr umfänglich sind, oder aus weit auseinander ge-
legenen Ortschaften bestehen, können in mehrere St. zerlegt werden, da-
von der Mosel, Verwaltungsrecht. 8. Aufl. 37