Full text: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

658 Versammlungen. 
Massenadressen und Massenpetitionen, das Erscheinen mit Waffen (s. d.) 
in V., das Abhalten von Versammlungen gegen die Bestimmungen über 
den Belagerungszustand (s. d.) und öffentliche Ruhestörungen (s. d.), das 
Halten von Vorträgen, in denen grobe Schmähungen gegen die Kirche, 
ihre Einrichtungen und Gebräuche und die Gegenstände religiöser Ver— 
ehrung ausgesprochen werden, auch wenn zu einer Bestrafung nach 8 166 
des StGB. nicht zu gelangen ist. Zu Aufzügen (s. d.) und V., zu 
denen öffentliche Plätze und Straßen benutzt werden sollen, bedarf es 
der Genehmigung der Straßenpolizeibehörde; bei dringender Gefahr für 
die öffentliche Ordnung können V. und Umzüge verboten werden (Ges. 
88 5, 11—14, 23, 29, MVO. vom 10. Mai 1878 im ZKB. S. 26 
und S#WB. S. 85). Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen in 
§§ 12—14 des Ges. haben Schließung der V. und gerichtliche Bestra- 
fung mit Geld bis zu 150 “ oder Gefängniß von 3 Tagen bis zu 
3 Monaten zur Folge. Gegen Vorsteher, Leiter, Redner 2c., ingleichen 
bei Zuwiderhandlungen gegen §§ 11, 29 und bei weiterem Verweilen 
nach erfolgter Schließung kann die Strafe bis auf das Doppelte erhöht 
werden (Ges. § 30 Pct. 4 und 5, §58 33, 34, MVO. vom 6. November 
1882 im SWB. S. 241). 
II. Weitergehenden Beschränkungen unterliegen V., in denen öffent- 
liche Angelegenheiten erörtert werden. Sie sind der Polizeibehörde an- 
zumelden, zur Einberufung bedarf es der Verfügungsfähigkeit. Min- 
destens einer der Einberufer muß Gemeindemitglied des Versammlungs- 
ortes sein. Jede V. muß einen anerkannten Leiter besitzen, der bei 
etwaigen Gesetzwidrigkeiten dem Sprecher das Wort zu entziehen, event. 
die Versammlung aufzuheben hat. Seine Rechte gehen bei Nichterfüllung 
dieser Verpflichtungen auf die Polizeibehörde über. Dieser steht das 
Recht zu, der V. beizuwohnen. Falls die Mitglieder einer aufgelösten 
V. sich trotz ihrer Aufforderung nicht entfernen, ist die Räumung durch 
die bewaffnete Macht (s. Belagerungszustand, Ruhestörungen) zu bewerk- 
stelligen (Ges. 88 2— 4, 6—10). Darüber, was als öffentliche Ange- 
legenheiten im Sinne vorstehender Bestimmungen zu betrachten sei, (. 
Vereine II. Bei öffentlichen Vereinen (s. d. II) kann die vorherige An- 
meldung der V., wenn sie statutengemäß im Voraus bestimmt sind, unter- 
bleiben. Andrerseits unterliegen den vorstehenden Vorschriften über V. 
in öffentlichen Angelegenheiten auch nichtöffentliche, z. B. die landwirth- 
schaftlichen Vereine (s. Vereine I). Oeffentlich, also anzeigepflichtig, sind 
auch alle V., zu denen nicht besonders eingeladene oder eingeführte Gäste 
Zutritt haben (MVO. vom 17. März 1891 in der Zeitschr. f. V. XII 
S. 245). Nicht als V. in öffentlichen Angelegenheiten gelten dagegen 
die V. zu frommen und wohlthätigen, geselligen, wissenschaftlichen und 
künstlerischen Zwecken (Ges. § 17). Die Veranstaltung gemeinschaftlicher 
V. ist öffentlichen Vereinen nicht gestattet (MVO. vom 6. August 1891 
in der Zeitschr. s. V. XII S. 355). Zur Erhebung von Eintrittsgeld 
bedürfen sie polizeilicher Erlaubniß (a. O.). Minderjährige dürfen den V. 
öffentlicher Vereine als Zuhörer ohne Mitgliedschaft beiwohnen (M. 
vom 27. Februar 1892 in der Zeitschr. f. V. XIII S. 311, SW.
	        
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