Full text: Handbuch des Königlich Sächsischen Verwaltungsrechts.

64 Ausweisung. 
I. von Reichsangehörigen. Das in § 1 des Res. vom 1. No- 
vember 1867 S. 55 allen Deutschen gewährleistete Recht, sich inner- 
halb des Reichsgebietes an jedem Orte aufzuhalten, ist insofern be- 
schränkt, als 
1) auf Grund von § 3 Abs. 1 des RFreizügigkeitsgesetzes 
vom 1. November 1867 S. 55 bestraften Personen von der Sicher- 
heitspolizeibehörde (in den Städten RSt O. dem Stadtrath, im Uebrigen 
der Amtshauptmannschaft) der Aufenthalt an einem oder mehreren Orten 
des Bezirks bis zur Dauer von 2 Jahren verboten werden kann (Ges. 
vom 15. April 1886 S. 85). Voraussetzung ist, daß nach den örtlichen 
und persönlichen Verhältnissen befürchtet werden muß, dieser Aufenthalt 
werde dem Bestraften in besonderem Grade Gelegenheit zur Wieder- 
holung von Rechtsverletzungen in der durch das vorausgegangene Delict 
angezeigten Richtung bieten und dadurch die öffentliche Sicherheit und 
Ordnung gefährden (§ 1), und daß es sich um eine Bestrafung der in 
§ 2 vorgesehenen Art handelt (1. einmalige Bestrafung wegen Verbrechen 
oder Vergehen mit mindestens 6 Wochen, oder 2 innerhalb der letzten 
5 Jahre wiederholte Bestrafung wegen Verbrechen oder Vergehen ohne 
diese Beschränkung, oder 3. innerhalb eines Jahres wiederholte Bestrafung 
wegen Verbrechen, Vergehen oder Uebertretungen). Dabei muß in den 
Fällen 2 und 3 die Strafe mindestens einmal Freiheitsstrafe gewesen 
sein, auch kommen im Falle 3 als Uebertretungen nur die des St GB. 
sowie der landesrechtlichen Strafverbote im Gebiete der Armen= und 
Sittenpolizei in Betracht (§ 2). Aus dem Orte, wo er vor der Be- 
strafung mindestens 2 Jahre ehrbar gelebt, oder wo er den Unter- 
stützungswohnsitz hat, kann der Bestrafte, letzterenfalls jedoch nur wäh- 
rend der Unterstützung, nicht ausgewiesen werden (88 3c, 5). Auch in 
den übrigen Fällen von § 3 (ehrbare häusliche Gemeinschaft rc.) in- 
gleichen wenn dem Bestraften bei Entlassung aus einer Strafanstalt 
(s. d. III) oder Correctionsanstalt (s. d. A 2) ein Vertrauenszeugniß 
ausgestellt wurde, ist der Erlaß eines Aufenthaltsverbots ausgeschlossen. 
Das Recht, dasselbe zu erlassen, besteht ein Jahr von erfolgter Straf- 
verfügung ab (§ 0). 
2) Auch Personen, gegen die auf Polizeiaufsicht (s. d.) erkannt 
worden ist, kann der Aufenthalt an bestimmten Orten untersagt werden, 
jedoch nur auf Grund von § 391 des St GB. durch die Kreishauptmann- 
schaft, nicht auf Grund des obigen Ges. vom 15. April 1886 (l. § 4 
desselben). Z 
3) Personen, die in einem andern Bundesstaate innerhalb der letzten 
12 Monate wegen wiederholten Bettelns oder Landstreichens 
mindestens einmal bestraft worden sind, oder die Aufenthaltsbeschränkun- 
gen der oben unter 1) erwähnten Art unterliegen, kann der Aufenthalt 
in Sachsen von der Kreishauptmannschaft untersagt werden, wenn sie 
hier weder die Staatsangehörigkeit noch den Unterstützungswohnsitz be- 
sitzen (RGes. vom 1. November 1867 S. 55 § 32, MWO. vom 24. Juli 
1894 in der Zeitschr. f. V. XVI S. 212). Dasselbe gilt gegenüber 
Bayern, Württemberg, Baden und Hamburg auch dann, wenn die dorti-
	        
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