Full text: Handwörterbuch des Sächsischen Verwaltungsrechts. Erster Band (A-K). (1)

Begräbniswesen 109 
liche Leichenbegängnisse sollen niemals während des Gottesdienstes 
und an Wochentagen, wenn Lehrer und Schüler dabei beteiligt sind, 
außerhalb der Schulzeit erfolgen. Ganze Schulklassen sind nicht 
zu verwenden. Die Geistlichen und der Singechor sollen dem Leichen- 
zuge nur bis zum Eingangstor des Gottesackers entgegengehen; 
wo mehrere Geistliche sind, hat nur der Diensthabende teilzunehmen 
(VO. vom 20. Aug. 1877, Kons. B. 78). Namentlich ist auf Ver- 
minderung der Zahl der abzusingenden Lieder, Ubertragung der Ver- 
richtungen des Kirchschullehrers auf den MNebenschullehrer am Sterbe- 
ort, Beschränkung des Singens während des Leichenzugs und zwech- 
mäßige Abänderung hinsichtlich der Abholung und Begleitung der 
Leichen Bedacht zu nehmen (VO. vom 18. Jan. 1878, Kons.B. 4). 
Das Offnen der Särge auf dem Gottesacker soll unterbleiben. Die 
Bildung kirchlicher Singechöre unter Beteiligung Erwachsener ist den 
Kirchschullehrern (s. d. IV) empfohlen worden. Die Veranstaltung von 
Demonstrationen, das Halten von Grabreden ohne Zustimmung des 
Ortsgeistlichen, Tabakrauchen und sonstiges unangemessenes Gebaren 
ist bei Ordnungsstrafen bis zu 60 M. oder entsprechender Haft ver- 
boten (VO. vom 24. und 30. April 1883, Kons. B. 75, Fischer IV 321). 
— Auch bei Beerdigung kath. und reform. Glaubensgenossen ist die 
Begleitung der evang. Geistlichkeit und Schule auf Verlangen ge- 
stattet (s. u. VII). — Die Beerdigung von Dissidenten darf auf den 
öffentlichen Begräbnisplätzen auch da nicht versagt werden, wo diese 
Eigentum einer bestimmten Konfessionsgemeinde sind. Auch die Be- 
nutzung der Gerätschaften, die zur Beerdigung unentbehrlich sind und 
nicht eine besondere konfessionelle oder kirchliche Bedeutung haben, ist 
zu gestatten. Die Kirche, welcher der Begräbnisplatz gehört, kann ihre 
Mitwirkung bei der Beerdigung versagen und für Uberlassung des 
Begräbnisplatzes und der Gerätschaften die regulativmäßigen Gebühren 
fordern, die um etwas höher sein dürfen, als die von den Mitgliedern 
der Kirchengemeinde zu zahlenden. Bei der Beerdigung soll nichts 
vorgenommen werden, was, wie z. B. das Tragen von Fahnen und 
Abzeichen, unangemessene laute Beifallsbezeigungen, die Kirchen- 
gemeinde oder einzelne ihrer Mitglieder verletzen Kkönnte. Zu Reden 
am Grabe“ bedarf es der Zustimmung des Ortsgeistlichen; Inschriften 
auf Grabdenkmälern (s. u. VII 2) sind ihm vorher anzuzeigen (V0O. 
vom 8. Juli 1878, Kons. B. 56). — Bei Beerdigung von Mitgliedern 
der Militärvereine ist die Führung von Fahnen (Z#. 1873 S. 82), 
sowie unter der Voraussetzung, daß der Ernst der Feierlichkeit der 
Handlung gewahrt wird, der Gebrauch von Trommeln und Musik 
(Z###B. 1874 S. 7) gestattet. An der Vollziehung des Ehrenfeuers 
dürfen bei der Beerdigung von Mitgliedern, die Feldzügen bei- 
gewohnt haben, nicht mehr als 12 Mitglieder teilnehmen; bei dienstlicher 
Beteiligung aktiver Militärs ist diesen die Vollziehung zu überlassen; 
dem beim Begräbnis mitwirkenden Geistlichen und dem Miilitär-
	        
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