Gesundheitspolizei 349
2. Andere Krankheiten, ältere Vorschriften. Das Bes.
vom 30. Juni 1900 läßt die Landesgesetze unberührt, soweit sie andere
als die vom Bes. getroffenen Krankheiten betreffen oder die Anzeige-
pflicht weitergehend regeln (8§8 5, 48). Nach den hiernach fortgeltenden
älteren Vorschriften besteht für Sachsen die allgemeine Anzeigepflicht
bei Epidemien. Die Polizeibehörden (Stadtrat, Bürgermeister, Ge-
meindevorstand, Gutsvorsteher) haben über das Auftreten ansteckender
Krankheiten Anzeige an die Amtsh. bez. Kreish. zu erstatten (Generale
vom 18. Aug. 1803, VO. vom 19. Febr. 1839 S. 27 Pkt. 3 und
21. Sept. 1874 S. 311 § 10, 38B B. Jahrg. 1876 S. 18, Jahrg. 1882
S. 15, kl. StO. Art. IV § 122, RLoO. 8§ 74e, 84). Die Bezirks-
ärzte haben die erforderlichen Maßregeln bei den Polizeibehörden zu
beantragen, mit deren Einverständnis zu leiten und vom Auftreten
und Verlauf der Krankheit Anzeige an die Kreish. behufs Benach-
richtigung des Ministeriums und der Amtsh. zu erstatten (Instr. vom
10. Juli 1884 S. 210 § 13, MVO. vom 7. Juli 1884 Mr. 285 II M
Pkt. 3, Fischer VI 68). Die aus Gesundheitsrüchksichten erforderliche
Schließung von Schulen kann von der Schul= wie von der Medizinal-
behörde verfügt werden; von der erfolgten Schließung haben sie sich
gegenseitig sofort zu benachrichtigen (MVO. vom 6. Febr. 1875 in der
Zeitschr. f. R. XLII 69, MIVO. vom 6. Dez. 1884, Fischer VI 157). Vom
Auftreten von Pocken, Alasern, Scharlach, Diphtheritis und Keuch-
husten haben die Schuldirektoren den Bezirksarzt, die Vorsteher von
Kinderbewahranstalten und Kindergärten behufs Anzeige an den Be-
zirksarzt die Polizeibehörden (Bürgermeister, Gemeindevorstand) zu benach-
richtigen. Wiederzulassung der Kinder ist erst nach 6 (bei Masern 4)
Wochen, bei Keuchhusten erst nach voller Genesung gestattet. Uber die
Ausschließung gesunder Schüler ist der Bezirksarzt zu hören (VO. vom
8. Nov. 1882 S. 252 und 8. Mai 1903 S. 438, MVO. vom 13. Juni
1885, SWB. 134). Die in § 52 der A#. vom 25. Aug. 1874 S. 155
dem Lehrer und Schulvorstand erteilte Ermächtigung, Kinder, in
deren Familien anstechende Krankheiten herrschen, vom Schulbesuch
zeitweilig auszuschließen, besteht daneben fort. Gehen dem Lehrer
Zweifel bei, so hat der Schulvorstand zu beschließen, ob zunächst der
Bezirksarzt zu hören ist (MVO. vom 16. MAlärz 1889, Fischer XI 100).
Den Arzten ist für Cholera, Diphtherie, Typhus und Scharlach die
Anzeigeerstattung bei Strafe noch besonders vorgeschrieben. Die An-
zeigen sind von den Arzten als portopflichtige Dienstsache (s. Behörden-=
korrespondenz 2) unfrankiert an den Bezirksarzt zu senden. Arzt und
Bezirksarzt haben Meldekarten zur Benachrichtigung der Oberbehörden
auszufüllen (VO. vom 19. Jan. 1886 S. 11, MWVO. vom 28. Mai
1890, 20. Aug. 1890 und 2. Mlärz 1891, Fischer XI 258, 259, 316,
XII 249). Beschränkung des Wandergewerbes (s. d. II) ist zur Abwehr
und Unterdrüchung von Seuchen zulässig. Besondere Vorschriften sind
zur Bekämpfung der Tuberkulose (s. Schwindsucht) ergangen. Die