28 Arbeiterversicherung
IV. Begriff Krankheit, Erwerbsunfähigkeit. Der Begriff
Krankheit ist für alle drei Versicherungszweige derselbe (s. Kranken-
versicherung B 0. Tber Erwerbsunfähigkeit" s. Krankenversicherung B II.
Bei der Unf.Vers. (s. Unf. Ges. § 9) und Inv. Vers. (s. Inv.Ges. §88 15
bis 18) ist es unzulässig, daß die Feststellungsinstanzen den von den
Arzten angegebenen Prozentsatz ihren Entscheidungen einfach zu grunde
legen, ohne die Frage nach dem Grade der Erwerbsfähigkeit selbständig
zu prüfen (Rundschr. des Reichsvers. Amts vom 31. Dez. 1901, Reger
XXII 281, Arbeiterversorgung XIX 116, SWB. 1901 S. 54).
*Bei der Feststellung der Erwerbsunfähigkeit kommt der gesamte
Arbeitsmarkt in Betracht, bloße Verufeinvalidität begründet. noch keinen An-
leruch auf Rente (Reichsvers. Amt 26. Juni 1901, SWB. 1902 S. 10; s. dagegen
rankenversicherung B ID.
V. Pfändung, Ubertragung, Aufrechnung. Die Forderungen
aus der Krank. Vers. dürfen nicht übertragen, nur zu gunsten der An-
gehörigen oder des ersatzberechtigten Armenverbandes gepfändet und
nur gegen Beiträge, Geldstrafen oder Eintrittsgelder aufgerechnet werden
(Krank.Ges. § 52 2)" Ahnlich bei den beiden anderen Versicherungs-
zweigen (Inv.Ges. 8§ 55, Unf.Ges. § 96). Auch CPO. 8 850¼ und Ges. vom
18. Juli 1902 S. 294 § 628 bestimmen: Unpfändbar sind die Hebungen
aus Kranken-, Hilfs-, Sterbe= und Knappschaftskassen. Ohne Abtretung
der Invalidenrente (s. Inv. Ges. § 55 8) werden Rentenberechtigte in die
Landes-Heil= und Pfleganstalten nicht aufgenommen (s. Landesanstalten).
*Dieses Aufrechnungsrecht ist durch BGB. 8§ 394 nicht aufgehoben
(Arbeiterversorgung XVIII 125). Gegen den Anspruch auf Sterbegeld ist jede
Aufrechnung ausgeschlossen (Preuß. OVd. 20. Juni 1900, Reger XXI 60, Fischer
XXIII 275). Auch das Zurückhaltungsrecht des BG#B. (6 273) ist durch Krank.Oes.
§ 56 ausgeschlossen (Württ. VGH. 29. Jan. 1902, Arbeiterversorgung XX 64,
SWB. 1903 S. 23, Reger XXIII 267). — § 562 des Krank. Ges. ist abgeändert
durch Art. 1 Ziff. XIX des Res. vom 25. Mai 1903 S. 233.
VI. Die Rente ruht u. a., wenn der Berechtigte (In= oder
Ausländer) sich im Auslande aufhält oder in einem Korrektionshaus
untergebracht ist oder eine mehr als einmonatliche Freiheitsstrafe ver-
büßt (Inv.Ges. § 48 8, 4, Unf. Ges. §8 21, 94 1— 3). Bezüglich des Auf-
enthalts im Auslande sind diese Bestimmungen für gewisse Grenzbezirke
sowie für Italiener und Osterreicher außer Kraft gesetzt (Centr. B.
Jahrg. 1901 S. 210, 231, Jahrg. 1902 S. 390). Die Verpflichtungen
der sich im Auslande aufhaltenden Inländer ordnet Bek. des Reichsvers.=
Amts vom 5. Juli 1901 (Arbeiterversorgung XVIII 489). Die Aus-
führungsbestimmungen über das Ruhen der Rente während der Frei-
heitsentziehung enthält Rundschr. des Reichsvers. Umts vom 24. Jan.
1903 (Arbeiterversorgung XX 164).
VII. Verträge, welche die Bestimmungen der Versicherungs-
gesetze zum Nachteile der Versicherten ausschließen,“ sind un-
verbindlich (Krank.Ges. 88 80, 82, Inv.Ges. § 180, Unf.Ges. 8 141).
* Andere Vergleiche sind zulässig (Amtl. Nachr. 1888 S. 293, dagegen
Fleischhauer und Hahn, Arbeiterversorgung XVIII Nr. 18, 21).