410 Handelsrichter — Handels- und Gewerbekammern
Handelsrichter s. Handelsgerichte.
Handelsschulen s. Gewerbliche Schulen, Handlungslehrlinge.
Handels- und Gewerbekammern. Als begutachtendes Organ
in Fragen, die Handel und Gewerbe betreffen und zur Vertretung
ihrer gemeinschaftlichen Interessen bestehen zu Dresden, Leipzig, Chem—
nitz, Plauen und Zittau H. u. G. (Ges. vom 4. und AVO. vom 15. Aug.
1900 S. 865, 873, VO. vom 22. Juli 1901 S. 102). Die Handels—
kammern haben zugleich das Vorschlagsrecht für die Handelsrichter (s. d.),
die Mitaufsicht über die Handelsregister (s. d.), die Befugnis zur Aus-
stellung von Ursprungszeugnissen und ähnlichen Bescheinigungen; sie
können mit den Obliegenheiten örtlicher Handelsvorstände und der
Verwaltung und Beaussichtigung von allgemeinen Handelsanstalten
(Handelsschulen, Börse usw.) betraut werden (Ges. § 22, 3). Die Ge-
werbekammern sind zugleich Handwerkskammern (s. d.) im Sinne der
GO. (ABO. 8§ 21). Die Geschäftsführung der Handelskammer ist von
der der Gewerbekammer nur in Zittau nicht getrennt (VO. vom 22. Juli
1901 S. 102). Streitigkeiten zwischen H. u. G. über die Zugehörig-
keit der Gewerbtreibenden unterliegen der Entscheidung der Kreish.,
gegen welche die Anfechtungsklage nachgelassen ist (Ges. § 25 3). Die
Bezirke gibt § 4, die Zahl der Mitglieder § 5 der AVO. in der Fassung
vom 22. Juli 1901. Die Mitglieder der Kammern werden durch Wahl-
männer, die letzteren von den Wahlberechtigten des Bezirks gewählt.
Die Haupt= und Urwahlen erfolgen für beide Kammern getrennt.
Wahlberechtigt bei den Urwahlen zur Handelskammer sind die Handel-
treibenden mit einem Einkommen von mehr als 3100 M., bei den
Wahlen von Handwerkswahlmännern zur Gewerbekammer die Hand-
werker von einem Einkommen über 600 M., bei der Wahl von MNicht-
handwerkswahlmännern zur Gewerbekammer die Handeltreibenden und
Genossenschaften mit einem Einkommen von 600—3100 Ml. sowie
alle Aichthandeltreibenden mit mehr als 600 M. Einkommen (Ges.
§§ 7, 8). Gewerbtreibenden, die gleichzeitig einen Handel betreiben,
steht die Wahl zu, ob sie zur Handels= oder zur Gewerbekammer
wählen wollen (Ges. § 9). Die Wahlen erfolgen auf 6 Jahre (8 15),
das Amt ist Ehrenamt (8 18). Die Leitung der Urwahlen erfolgt
durch die Amtsh. (MWVO. vom 1. Okt. 1901, SWB. 228). Der Auf-
wand der Kammern wird, soweit der Staatszuschuß hierfür nicht
ausreicht, von den Wahlberechtigten mit mehr als 600 M. Ein-
kommen aufgebracht (§ 19). Die Bestellung eines gemeinschaftlichen
Vertreters durch mehrere Urwähler und die Erteilung einer Blankett-
vollmacht (Ges. § 10 0 ist zulässig (OB. 12. Juli 1902 1 S 164 und
31. Juli 1902 1 8 185, Jahrb. III 182). Für die Frage
1. ob ein Handels-, Fabrik= oder Handwerksbetrieb vor-
liegt, ist die Tatsache der Eintragung in das Handelsregister (s. d.)
gleichgültig. Ob ein Betrieb handwerksmäßig oder fabrikmäßig sei,
richtet sich vielmehr nach den reichsgerichtlichen Merkmalen des Fabrik-