Full text: Handwörterbuch des Sächsischen Verwaltungsrechts. Erster Band (A-K). (1)

456 Irre — Irrenanstalten 
Irre s. Geisteskranke. 
Irrenanstalten. I. Landesanstalten (s. d.) für Geisteskranke 
sind die Landes-, Heil- und Pfleganstalten zu Großschweidnitz, Hubertus- 
burg, Sonnenstein, Untergöltzsch und Zschadras, die Landespfleganstalt 
Colditz und die Pflegabteilung zu Hubertusburg, s. BO. vom 1. März 
1902 S. 37 88 1 A und B, 21, 4, 5 nebst Regulativ für die 5 Heil- 
und Pfleganstalten S. 39, das mit einigen Einschränkungen auch für 
die Pfleganstalten gilt. In den Pfleganstalten werden Kranke nur zu 
längerer Verpflegung angenommen (§8 22). Für beide Gruppen von 
Anstalten ist die Vermittlung der Aufnahme bei der Behörde des 
Aufenthaltsorts (Stadtrat, Bürgermeister, Gemeindevorstand, Guts- 
vorsteher) nachzusuchen und erfolgt in den Städten RStO. durch den 
Stadtrat, im übrigen durch die Amtsh., denen auch die Beurkundung 
der Geistesstörung und Gefährlichkeit obliegt (Regulativ § 6, BO. vom 
23. Aug. 1874 S. 136). Dem Antrage sind die in § 7 bezeichneten 
Unterlagen (ärztliches Gutachten, Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, 
Bescheinigung der Staatsangehörigkeit und des Unterstützungswohn- 
sitzes usw.) beizufügen. In dringenden Fällen kann die Genehmigung 
zur Zuführung telegraphisch oder telephonisch beantragt werden (Re- 
gulativ § 8). Die gewöhnlichen Berpflegsätze betragen in den 3 Klassen 
täglich 4 M., 2,50 M. und 1,25 Ml., der ermäßigte Satz der 3. Klasse 
ist 50 Pf. (688 26, 27). In Sonnenstein und Untergöltzsch bestehen 
besondere Pensionsabteilungen mit einem Verpflegsatz von 6,60 Ml. für 
sächsische und 8 M. für nichtsächsische Staatsangehörige (88 34—37). 
Die Entlassung wird durch die Anstaltsdirektion, in gewissen Fällen 
durch das Ministerium verfügt; geeignetenfalls geht ihr eine Be- 
urlaubung voraus (§§ 42—45). Die Anlagen des Regulativs ent- 
halten die Aufnahmebezirke (S. 63), die Anweisung über das Zu- 
führungsverfahren (S. 65) und die Ausstattungserfordernisse (S. 67). 
Am Nachlaß der in den Anstalten Verstorbenen hat der Staat ein 
bedingtes und beschränktes Erbrecht (BO. vom 1. März 1902 8 22, 
Regulativ § 53, Ges. vom 18. Juni 1898 S. 191 88 42, 44, 53). 
Im übrigen gelten die allgemeinen Bestimmungen für Landesanstalten. 
Außerdem dient die Irrenklinik der Universität Leipzig der allge- 
meinen Benutzung für Geistes= und Nçervenkranke (Bek. vom 6. Juni 
1882 S. 108 mit Benutzungsbestimmungen S. 109). — Die Unter- 
bringung von Angeklagten auf Grund von § 81 der St PO. regelt 
sich nach Gesch. O. § 648, die Unterbringung auf Grund von § 217 
der Militärstrafgerichtsordnung nach VO. vom 9. Jan. 1901 S. 23 und 
22. April 1902 S. 121. 
II. Uber Privatirrenanstalten gelten zunächst die allgemeinen 
Vorschriften über Privatkrankenanstalten (s. Krankenanstalten D. Zur 
Aufnahme ist der Antrag der Angehörigen, des gesetzlichen Vertreters 
und das Zeugnis eines approbierten Arztes, außerdem, wenn die Ver- 
pflegung über 4 Wochen dauern soll, die Zustimmung des Vormunds
	        
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