Irrtum — Israeliten 457
oder Gewalthabers nötig. Vorläufige Aufnahme ohne ärztliches Zeugnis
ist nur bei dringender Gefahr gestattet. Aach Feststellung der Geistes-
krankheit hat der Anstaltsleiter Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu
erstatten. Die Entlassung ist nach der Genesung oder auf Antrag des
gesetzlichen Vertreters, bei gemeingefährlichen Kranken nur gegen Un—
bedenklichkeitszeugnis der Polizeibehörde des künftigen Wohnorts zu-
lässig. Sowohl von der Aufnahme als von der Entlassung ist die
Ortspolizeibehörde der Anstalt binnen 24 Stunden zu benachrichtigen.
Uber jeden Kranken sind gesonderte Personalakten zu halten. Die
Beaufsichtigung dieser Anstalten gebührt der Amtsh. (dem Stadtrat
RötO.) mit dem Bezirksarzte. Zuwiderhandlungen werden mit Uber-
tretungsstrafe geahndet (VO. vom 9. Aug. 1900 S. 887).
Irrtum s. Rechtsirrtum, Michtschuld.
Israeliten. I. Kirchliche Vorschriften: Durch Ges. vom 18. Mai
1837 S. 66 ist den jüdischen Glaubensgenossen gestattet worden, zu
Leipzig und Dresden sich zu Religionsgesellschaften zu vereinigen und
daselbst Bet= und Schulhäuser zu haben. Die Eheschließung geschieht
durch die bei den israelitischen Glaubensgemeinden zu Leipzig und
Dresden angestellten Prediger. Die außerhalb dieser beiden Städte
wohnenden Israeliten sind, so lange nicht an einem Wohnorte eine
israelitische Hemeinde gebildet wird, an obige beide Glaubensgemeinden
gewiesen (VO. vom 1. Dez. 1870 S. 343 88 3, 4, Cod. 206). Die
J. gehören zu den anerkannten Beligionsgesellschaften (s. Konfessionelle
Verhältnisse 1 2). Zur Bildung neuer Religionsgemeinden bedürfen sie
eines Ges. nur insoweit, als sie das Recht erlangen wollen, die Bei-
träge ihrer Mitglieder’' im Verwaltungswege beizutreiben. Uber Ein-
wendungen gegen die Zwangsvollstrechung entscheidet in II. Instanz
die Kreish., gegen deren Entscheidung die Anfechtungsklage nachgelassen
ist (O. 17. März 1902 II S8 206 und 18. Sept. 1902 II S 117, Jahrb.
I 112, 275). Der israelitische Kultus und die israelitischen Schulen
unterstehen dem Ministerium des Rultus (VO. vom 30. Dez. 1834
S. 540). Schulfreiheit (s. d.) wird den Kindern israelitischer Religion
am Sonnabende nicht gewährt. Kirchenkollekten zum Besten der Juden-
mission dürfen von den Kircheninspektionen genehmigt werden (V0O.
vom 22. Okt. 1889, Fischer XI 98). Am evang.-luth. Religionsunter-
richt der höheren Lehranstalten dürfen israelitische Schüler nicht teil-
nehmen (s. Konfessionelle Verhältnisse V). Zivilstandszeugnisse, die von
israelitischen Gemeindevorstehern auf Grund von 8 1 der VO. vom
1. Dez. 1870 bis zum Inkrafttreten des Personenstandsges. ausgestellt
worden sind, sind öffentliche Urkunden (Kultusministerium 28. April
1900, Fischer XXIII 345).
"Anders in Württemberg (Jahrb. f. Württ. Rechtspfl. XIII 224).
II. Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Beschränkungen
der J. in bezug auf Aufenthalts-, Niederlassungs= und Grunderwerbs-
recht, sowie die hierauf bezügliche Zuständigkeit des Ministeriums des