42 Armenwesen
Pfand annehmen (§ 132), desgl. die Strafen für Almosenempfänger,
die Hunde oder nutzlose, ihnen Aufwand verursachende Haustiere halten
(§ 133), sowie für Schankwirte (s. Schankwesen I), die das Aufliegen
öffentlich unterstützter Armer, Arbeitsscheuer usw. gestatten. Körperliche
Züchtigung (s. d.) und Entziehung warmer Kost ist als Disziplinar-
strafmittel der Armenhäuser (s. d.) zulässig.
* Zu § 3622: Betteln unter Drohungen liegt auch dann vor, wenn die
Drohung dem Betteln nachfolgt (Reichsger. 8. Sept. 1902, Reger XXIII 309).
“ Landstreicher ist, wer zweck- geschäfts= und arbeitslos ohne genügende
Unterhaltsmittel auf anderer Kosten umherzieht (OL. Stuttgart 2. Okt. 1901,
Württ. Jahrb. XIII 361, ähnlich Bayr. Oberst. LG. 5. März 1901, Reger XXIII 143).
Ehbenso Bayr. Oberst. LG. 29. Nov. 1900 (Reger XXII 102, XXIII 144).
„Sich entziehen“ liegt nicht vor, solange der Anspruch noch nicht zahlen-
mäßig formuliert ist (OLcb. Darmstadt 24. Nov. 1899, SW. 1901 S. 1998).
Civilrechtlichen Verzug fordert § 361 1° nicht (Reger XXI 190). "
2. Ausweisung (s. d.) der der Armenpolizei Anheimgefallenen
ist gegen Reichsangehörige beschränkt, gegen Reichsausländer un-
beschränkt zulässig.
3. Das Verfahren bei der Bestrafung ist das in Verwaltungs-
strafsachen (s. d.) überhaupt geordnete, das Verfahren bei der Aus-
weisung regelt sich nach den unter Ausweisung C aufgeführten Vor-
schriften. Insbes. für die hier vorliegenden Fälle gilt noch: Die Amtsh.
sind berechtigt, bezüglich der Bestrafung der in Landgemeinden oder
selbständigen Gutsbezirken verhafteten Landstreicher und vagabundieren-
den Bettler dann, wenn das Gericht, das bei Berufung auf den BRechts-
weg das Strafverfahren einzuleiten haben würde, seinen Sitz an einem
andern Orte als die Amtsh. hat, ein für allemal Entschließung dahin
zu treffen, daß von dem Erlasse der vorläufigen Strafverfügung ab-
gesehen und die Bestrafung „ohne weiteres“ dem Gerichte überlassen
werde (MVO. vom 14. Okt., 24. Nov. und 28. Dez. 1874, letztere in
der Zeitschr. f. R. 11 S. 544). — Zur Bestrafung der unter § 361
des St SB. fallenden Personen sind, wenn diese Ubertretungen in Land-
gemeinden und selbständigen Gutsbezirken vorkommen, die Gemeinde-
vorstände und Gutsvorsteher, da diese auf Haft überhaupt nicht er-
kennen dürfen, nicht, sondern lediglich die Amtesh. zuständig. — Wenn
die Unterbringung von Landstreichern, Bettlern usw. in ein Arbeits-
haus infolge Uberweisung an die Landespolizeibehörde (s. d.) beschlossen
worden ist, soll Schubtransport (s. d.), wenn dagegen die Bestraften nach
erfolgter Bestrafung in ihre „Heimat“ zu verweisen sind, in der Regel
nur Zwangspaß (s. d.) in Anwendung kommen (VO. vom 13. Okt.
1874 S. 419 § 1 a., el. Der hier gebrauchte Ausdruck Heimat ist nicht
gleichbedeutend mit „Unterstützungswohnsitz“, vielmehr sind die Ge-
nannten an denjenigen Ort zu verweisen, an dem sie sich vor dem
Betteln oder Landstreichen aufgehalten haben. Die Auszuweisenden
haben, wenn sie dieser Maßregel widersprechen, nachzuweisen, daß sie
anderwärts Unterkommen und gehörige Beschäftigung gefunden haben.