Full text: Handwörterbuch des Sächsischen Verwaltungsrechts. Erster Band (A-K). (1)

552 Krankenversicherung 
Gefahr im Verzuge kein approbierter Arzt zur Stelle ist. In keinem 
Falle ist es den Kassenmitgliedern gestattet, sich nach eigenem Ermessen 
an einen Nichtarzt zu wenden. Auch die Bescheinigung der Erwerbs- 
unfähigkeit darf, soweit ärztliche Mitwirkung dabei vorgeschrieben ist, 
nur durch approbierte Arzte erfolgen. Lediglich Aaturärzte oder Aicht— 
ärzte als Kassenärzte anzustellen, ist nicht gestattet M BO. vom 20. Juli 
1891, 24. Alärz 1892, 10. Mai 1895 und 2. Juli 1898, Fischer XII 
160, XIII 244, XVI 314, XIX 318). Die Annahme eines dringenden 
Falles wird durch Verschuldung des Versicherten nicht ausgeschlossen 
(Mntsch. vom 28. Febr. 1900, Fischer XXI 306). Die Kosten für die 
Zuziehung eines Spezialarztes lediglich zu Konsultationszwecken sind 
nicht erstattungsfähig (M Entsch. vom 16. Jan. 1901, Fischer XXII 361, 
SWB. 48). Uber die Beurteilung des Verhältnisses zwischen den 
Kassen und Kassenärzten durch die ärztliche Standesvertretung siehe 
Arzte II. 
* Ausgeschlossen ist auch die Erstattung der Kosten, die der Kasse bei 
Behandlung durch den Kassenarzt erwachsen wären, nicht ausgeschlossen die Er- 
stattung des Krankengelds (OL. Celle 13. Dez. 1899, Bad. VPH. 3. April 
1900. u 23. April 1901 (Reger 2. Erg. Bd. 48, XXI 274, Fischer XXII 368, 
Ein dringender Fall liegt auch vor, wenn von der Verzögerung der 
ärztlichen Hilfe eine Steigerung des Schmerzes (auch Zahnschmerzes) zu be- 
sorgen ist, oder der Kassenarzt die Behandlung wegen der Art der Krankheit 
(z. B. bei Operationen) ablehnt, oder die Unterbringung eines gemeingefähr- 
lichen Geisteskranken notwendig wird (Bad. BoP. 13. Nov. 1900, Preuß. 
OVG. 7. NAov. 1901, Hess. Ve5. 9. Aug. 1902, Reger XXI 55, XXII 368, 
XXIII 95, SWB. 1902 S. 21, Arbeiterversorgung XIX 223). 
Auf Familienangehörige erstrecht sich der Arztezwang nicht (Württ. 
Ve. 19. Juni 1901, Arbeiterversorgung XVIII 717). 
1 Den Krankenkassen ist nicht gestattet, Arzneimittel zu liefern, die den 
inn vorbehalten sind (Preuß. Ministerium 31. Jan. 1902, Ministerial= 
a . 
Mit einfachen Zahnoperationen kann auch ein Zahntechniker betraut 
werden (Bad. VGH. 31. Okt. 1899, Fischer XXIII 98). 
Streitigkeiten über Honorarforderungen der Kassenärzte gehören vor 
die Gerichte (Voyr. Oberst. LG. 3. Mai 1900, Fischer XXIII 194). 
VI. Beiträge. Die Beiträge sind in Prozenten des Tagelohns 
zu berechnen (Ges. §§ 9, 10, 22). Sie entfallen zu 2/8 auf die Ver- 
sicherten und zu 1/3 auf die Arbeitgeber, sind von den Arbeitgebern 
einzuziehen und bei der Lohnzahlung zu hürzen. Rückhständige Bei- 
träge werden wie Gemeindeabgaben beigetrieben. Bei statutarischer 
Versicherungspflicht ist die Beitragspflicht statutarisch zu regeln; für 
Hausgewerbetreibende können dabei besondere Bestimmungen getroffen 
werden (Ges. §§ 51—55, 65, 72, 73, RöEes. vom 30. Juni 1900 
S. 322 Art. I Ziff. II, II). Die Beiträge betragen bei der Gemeinde- 
versicherung 11/2% des ortsüblichen, bei der Ortskrankenkasse anfangs 
nicht über 2, später nicht über 3% des durchschnittlichen Tagelohns 
(Ges. §§ 9, 22, 31). Auch bei den Betriebskrankenkassen haben die 
Arbeiter höchstens 53 der Beiträge zu tragen; soweit mehrwöchige
	        
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