Full text: Handwörterbuch des Sächsischen Verwaltungsrechts. Erster Band (A-K). (1)

Krankenversicherung 555 
Fälle (88 3 a, b, 57a Abs. 1, 2, § 572, 8) sowie die Streitigkeiten 
zwischen Krankenkassen über irrtümlich geleistete Unterstützung, sind 
Parteistreitigkeiten im Sinne des Ges. über die Verwaltungsrechts- 
pflege (Ges. § 58 2, Ges. vom 19. Juli 1900 S. 486 § 21 Abs. 1 
Ziff. 10 a). Streitigkeiten der Kassen untereinander über die Zugehörig- 
keit Versicherungspflichtiger entscheidet die Kreish.; gegen ihren Beschluß 
ist Beschwerde an das Ministerium des Innern zulässig (Ges. § 57b). 
Streitigkeiten zwischen dem Arbeitgeber und den von ihm beschäftigten 
Personen über Berechnung und Anrechnung der Beiträge entscheidet 
das Gewerbegericht (§ 53 a). In allen übrigen Fällen hat die Auf- 
sichtsbehörde Entscheidung zu treffen, gegen die jedoch in der Mehrzahl 
der Fälle die Klage gemäß § 21 des Ges. vom 19. Juli 1900 nach- 
gelassen ist (Krank. Ges. § 58 Abs. 1, 3, 4, Ges. vom 19. Juli 1900 
§ 21 Ziff. 10). Aur in den Fällen von §S 18 à?, 19 8, 26 a3, 33 3, 
48a2, 52 Aö5, 56as, 76e des Krank. Ges. ist die Entscheidung der 
Aufsichtsbehörde endgültig und die verwaltungsgerichtliche Klage aus- 
geschlossen. Uber die Ersatzansprüche und Streitigkeiten, die sich aus 
dem Verhältnis der K. zur Unfall= und Invalidenversicherung ergeben, 
s. Arbeiterversicherung II. Entscheidungen: 
1. Zu § 57. Die Armenverbände sind bei der Aufnahme Hilfs- 
bedürftiger in eine Krankenanstalt an die für Krankenkassen bestehenden 
Vorschriften (oben V 1) nicht gebunden. Hat jedoch die Krankenkasse 
der Krankenhausbehandlung nicht zugestimmt, so kann der Armen- 
verband als Ersatz neben dem Krankengeld nur das Bauschquantum 
von § 575 fordern (OV. 4. Febr. 1903 1 8 264). Zuwendungen 
aus dem Feuerwehrfond (s. d.) fallen nicht unter § 57 4 (MEntsch. vom 
19. Nov. 1901, SWB. 1902 S. 7). 
* a) Zu § 572: Der Armenverband hat die Unterstützung nach den 
Grundsätzen der Armenpflege, nicht nach den für die Krankenkasse geltenden 
Vorschriften zu gewähren. Voraussetzung des Erstattungsanspruchs ist daher 
die Hilfsbedürftigkeit des Unterstützten, die auch trotz Erreichbarkeit der RKassen- 
hilfe vorliegen kann. Hat der Versicherte des Anspruchs auf Krankenunter- 
stützung sich begeben oder die Satzungen der Rasse nicht beachtet, so wird der 
Ersatzanspruch des Armenverbands dadurch nicht ausgeschlossen (Preuß. O. 
30. Jan., 16. çAMärz, 20. Juni 1901 und 16. Juni 1900, Bad. VH. 14. Jan. 
und 25. Febr. 1902, Arbeiterversorgung XVIII 390, 586, Fischer XXIII 281, 
Reger 2. Erg. Bd. 224, XXI 157, XXII 224, 452, PVB. XXII 432). Zu den An- 
sprüchen, die auf den Armenverband übergehen, gehört auch der auf freiwillige 
Mehrleistungen und auf Familienunterstützung (Preuß. O. 9. Jan., 20. Juni, 
16. Dez. 1901 und 23. Okt. 1902, Reger XXI 415, XXII 367, Arbeiterversorgung 
XIX 288, XX 162, PVB. XXIII 299), dagegen nicht der Anspruch auf Sterbe- 
geld (Preuß. OVG. 20. Juni 1900, Reger XXI 60). Hat die Krankenkasse 
enntnis von der gewährten Armenunterstützung, so wird sie durch Zahlung 
an den Versicherten von der Ersatzpflicht an den Armenverband nicht frei 
(Preuß. O#. 23. Sept. 1901, 19. Jan. 1903, PVB. XXIII 183, Arbeiterver- 
sorgung XIX 170, XX 333, Reger X/II 70). Reicht der Anspruch des vorläufig 
und des endgültig verpflichteten Armenverbands zur Befriedigung beider Armen- 
verbände nicht aus, so tritt Teilung nach Verhältnis der Beiträge ein (Preuß. 
OVG. 14. Nov. 1900, Fischer XXII 371, Reger 2. Erg. Bd. 225).
	        
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