Ausweisung 71
haltsbeschränkungen unterworfen oder in erwähnter Weise bestraft worden
sind. Die Amtsh. sind ermächtigt, bei Ausweisung sächs. Staatsange-
höriger aus Württemberg das Anerkenntnis der Staatsangehörigkeit
und die Ubernahmeerklärung im Auftrage der Kreish. auszusprechen
(MVO. vom 9. Sept. 1894, 18. März 1895 und 22. Mlai# 1897, Fischer
XVI 214, XVIII 347)* Der Zeitraum von 12 Monaten beginnt mit
verbüßter Haft, nicht Nachhaft (MBO. vom 7. Mai 1897, Fischer
XVII259).
*In Preußen sind die Ubernahmeanträge an die Landesbehörde des
Geburtsorts zu richten (Ministerialverfügung vom 15. April 1901, SWB. 216,
Reger XXI 359).
4. Açeuanziehende Personen, die weder hinreichende Kraft, noch
Vermögen, noch die Unterstützung unterhaltungspflichtiger Berwandten
besitzen, um sich und ihren nicht arbeitsfähigen Angehörigen
den notdürftigen Unterhalt zu verschaffen, können von den
Gemeinden abgewiesen werden (Res. vom 1. Nov. 1867 S. 55 KF 4).
5. Ausgewiesen werden können ferner diejenigen, deren Armen-
unterstützung (s. Armenwesen ll) am Aufenthaltsorte sich vor Erwerb
des Unterstützungswohnsitzes nötig macht, vorausgesetzt, daß die Mot-
wendigkeit der Unterstützung nicht bloß eine vorübergehende ist (Res.
vom 1. Aov. 1867 S. 55 § 5, BEes. vom 6. Juni 1870 S. 360 § 31).
Daß die vorübergehende Hilflosigkeit in Arbeitsunfähigkeit ihren Grund
hat, ist nicht erforderlich. Auch in anderen Fällen nur vorübergehender
Hilflosigkeit ist das Ausweisungsrecht und damit die Ubernahmepflicht
(unten B 1 1) ausgeschlossen. Eine dauernde Hilflosigkeit liegt aber
nicht schon dann vor, wenn die Notwendigkeit öffentlicher Unterstützung
objektiv begründet ist, sondern erst wenn die Unterstützung tatsächlich
in Anspruch genommen wird (OV6. 18. März 1903 I S 303).
*Der Nachweis, daß die Arbeitsunfähigkeit oder der sonstige Aotstand
ein dauernder war, liegt der Gemeinde des Aufenthalts ob (Preuß. O#.
1 Dez. 1899, Reger 2. Erg. Bd. 107).
6. Geistliche Orden (s. d.) dürfen in Sachsen nicht ausgenommen
werden.
II. Gegen Reichsausländer ist, und zwar auf gesetzlich nicht
beschränkte Dauer (s. Kommunikat vom 8. Okt. 1873, SWB. 1874
S. 2), Ausweisung zulässig infolge Uberweisung an die Landespolizei-
behörde (s. d.), infolge Berhängung von Polizeiaufsicht (s. d.), infolge
Verurteilung wegen gewerbsmäßigen GElüchsspiels (Stc B. § 284 2)
und wegen Zugehörigkeit zum Jesuitenorden (Res. vom 4. Juli 1872
S. 253 § 2). Da jedoch das Freizügigkeitsgesetz auf die Mieder=
lassungsverhältnisse von Reichsausländern keine Anwendung erleidet
(Z#B. 1869 S. 77), ist ihre Ausweisung, soweit nicht Aiederlassungs—
verträge (s. u. B II) entgegenstehen, auch ohne obige Voraussetzungen
zulässig und hieran durch das Ges. vom 15. April 1886 (s. § 8 des-
selben) nichts geändert. Russischen Auswanderern ohne vorschriftsmäßigen