Selbständige Gutsbezirke 217
vorstehergeschäfte auf den Vorstand der Nachbargemeinde (RLGO. 8 88).
Dagegen sind die Besitzer s. G. wegen ihres bäuerlichen Grundbesitzes
in Aachbargemeinden zu Gemeindeämtern nicht wählbar (SWB. 1875
S. 67) Durch Einverleibung in ein Stadtgebiet verliert ein Rittergut
nur seine Eigenschaft als s. G., nicht aber die übrigen Rechte der Ritter-
güter (s. d.): Mitgliedschaft bei den Kreisständen (s. d.), Wahlrecht in
der I. Kammer, Patronatsrechte usw. (MVO. vom 15. Juli 1900,
W. 152, Fischer XXII 47). Streitigkeiten über die Zugehörigkeit
eines Grundstüchs zu einem s. G. sowie darüber, ob einem Gute die
Eigenschaft eines s. G. zukommt, sind Verwaltungsstreitsachen (Ges. vom
19. Juli 1900 S. 486 § 2132). — Der Besitzer eines s. G. ist für den
Gutsbereich zu allen Pflichten und Leistungen verbunden, die
für den Gemeindebezirk der Gemeinde im öffentlichen Interesse obliegen
und hierbei der gleichen Aufsicht (s. Gemeindeaufsichtsbehörden) unter-
stellt (NL66 O. 8 84 1). Insbes. hat er als Gutsvorsteher die obrig-
keitlichen Befugnisse und Pflichten innerhalb des Gutsbezirkes in dem-
selben Umfange, wie innerhalb des Gemeindebezirks der Gemeindevorstand
(. Ortsobrigkeit) auszuünben (RLoe. 8§ 84 1, ABO. vom 22. Aug. 1874
S. 125 § 28). Personen, die bei den Wahlen zum Gemeinderate (s. d.)
nicht stimmberechtigt sind, insbes. daher auch solche, die die sächs.
Staatsangehörigkeit nicht besitzen, können zu Gutsvorstehern nicht be-
stellt werden (RLG O. § 86, MWVO. vom 27. Okt. Zeitschr. f. R. XLI 470),
dagegen leidet das Erfordernis 2jährigen Wohnsitzes (Ges. vom
24. April 1886) auf sie nicht Anwendung (MWVO. vom 30. Mai 1888,
Fischer IX 221, SWB. 121). Die Geschäfte des Gutsvorstehers können
durch einen nach dem Ermessen der Amtsh. geeigneten Stellvertreter,
der seinen Aufenthalt im Gutsbezirke oder in dessen unmittelbarer Nähe
haben muß, ausgeübt werden (RLO. § 841). Auch für den Fall,
daß der Gutsbesitzer oder sein gesetzlicher Vertreter (Vormund, Vorstand
juristischer Personen usw.) nicht seinen ständigen Aufenthalt im Guts-
bezirte hat oder aus anderen Gründen das Amt als Gutsvorsteher
auszuüben dauernd behindert ist, sind Stellvertreter zu bestellen, die
jedoch diesfalls als Gutsvorsteher, nicht als Stellvertreter im Sinne
von § 841 zu betrachten sind (s. RLG. 88 85, 86). Die allgemeinen
Bestimmungen über die obrigkeitliche Stellung des Gemeindevorstandes,
dessen Verpflichtung (MBeschl. vom 18. Mai 1886, Fischer VII 237,
GBO. vom 22. Sept. 1874) und Bestätigung durch die Amtsh. (RLö#.6
§8 84, 86), über die Disziplinaraufsicht der Amtsh., das polizeiliche
Hilfspersonal, das Tragen von Dienstabzeichen usw. (s. Polizeibehörden)
gelten auch vom Gutsvorsteher und seinem Stellvertreter. Straf-
verfügungen gegen den Gutsvorsteher sollen nicht von seinem Stell-
vertreter, sondern von der Amtsh. ausgehen (MVWVO. vom 24. Aug.
1877, SWB. 153, Zeitschr. f. R. XLIV 479). Zu Polizeiverfügungen
(nicht Strafverfügungen) des Gutsvorstehers, bei denen sein Privat-
interesse beteiligt ist, bedarf es der Genehmigung der Amtsh. Rekurse