Staatsangehörigkeit 239
daß Angehörige eines Bundesstaates in jedem andern als Inländer zu
behandeln und zum Wohnsitze, Gewerbebetriebe, Grundstückserwerb,
zu öffentlichen Amtern, zum Erwerb des Staatsbürgerrechts und Ge-
nusse aller sonstigen bürgerlichen Rechte unter denselben Voraussetzungen
wie Einheimische zuzulassen, auch in betreff der Rechtsverfolgung und
des Rechtsschutzes denselben gleich zu behandeln sind (NVerf. Art. 3).
Dagegen bedarf es auch für Reichsinländer der sächs. St. zur
Ausübung politischer Rechte in deren unmittelbarer Beziehung zum
hiesigen Staate, mithin zur Ausübung des Stimmrechts und zur Wähl-
barkeit für die Landes-, Bezirks-, Gemeinde= und Schulgemeinde-
vertretung (VO. vom 5. Juli 1867 S. 178 Pkt. 9), desgleichen zur
Aufnahme in eine Landesanstalt (s. d.), dagegen nicht zur kirchlichen
Vertretung (s. Kirchenvorstand III). Kinder nichtsächsischer Reichsan-
gehöriger sind der sächs. Schulpflicht (s. d.) nur in dem vertragsmäßigen
Umfange unterworfen. Geistliche (s. d. V) haben sich zum Zwecke ihrer
hiesigen Anstellung einer besondern Anstellungsprüfung zu unterwerfen.
Während das Erfordernis sächs. St. auch für Mitglieder des Schul-
vorstands (s. d. I)) gilt, bedürfen ihrer die ihm angehörigen Besitzer
selbständigerr Gutsbezirke (s. d. 1) nicht. Gutsvorsteher selbständiger
Gutsbezirke (s. d. l) müssen die sächs. St. dagegen besitzen. An den
landesgesetzlichen Bestimmungen über Miederlassung und Armenunter-
stützung von Reichsausländern, sowie an den Voraussetzungen,
unter denen sie ausgewiesen werden können, hat das Freizügigkeitsges.
nichts geändert (s. Ausweisung A II, B II. C I0. Einzugsgeld zur Armen-
kasse (nicht zur Gemeindekasse) kann von BReichsausländern auch jetzt
noch gefordert werden (s. Gemeindemitglieder), während Aufenthalts-
karten (s. d.) auch von Reichsausländern nicht mehr zu verlangen sind
und die Aufhebung der Paßpflicht (s. d.) auch für Reichsausländer gilt. Das
Wandergewerbe (s. d. IV) und der Straßenhandel (s. Gewerbe IV 2) ist
Ausländern nur beschränkt gestattet. Ausländische Aktien= und Kom-
manditaktiengesellschaften bedürfen zu Zweigniederlassungen und zum
Agenturbetrieb in Sachsen ministerieller Genehmigung (s. Aktiengesell-
schaften )). Die Bestimmungen über Gesellen= und Mieisterprüfung
leiden auf Ausländer nur beschränkte Anwendung (s. Handwerksgesellen,
Handwerksmeister). Im übrigen sind aber die Ausländer den In-
ländern in bezug auf den Gewerbebetrieb gleichgestellt (s. Gewerbe 1 1).
In bezug auf die direkten Staatssteuern findet eine Gleichstellung
nicht statt (s. Doppelbesteuerung). Auch in bezug auf die Gemeinde-
leistungen (s. d. VIII) finden sich Unterschiede, soweit Reichsausländer
als Aichtgemeindemitglieder überhaupt anlagenpflichtig sind. Zur Ge-
werbesteuer (s. d. II 3) vom Wandergewerbe sind Ausländer ebenfalls
heranzuziehen, soweit nicht rücksichtlich des Meß= und Marktverkehrs
([. d.) und der Handelsreisenden (s. Gewerbe IV 1b) Ausnahmen fest-
gesetzt sind (Ges. vom 1. Juli 1878 S. 121 § 3, AVO. vom 12. Nov.
1878 S. 465 §8 11—14). Ausländer, die früher Reichsangehörige