358 Vereins- und Versammlungswesen
berufen werden, die verfügungsfähig und im Besitze der Ehrenrechte
sind (§ 3), müssen einen anerkannten Leiter haben (8 4), können von
der Polizeibehörde durch Beauftragte überwacht und bei Gesetzwidrig-
keiten aufgelöst werden (Ges. §8 6—10, 30). Uberdies ist Minder-
jährigen die Teilnahme an diesen Versammlungen untersagt (Ges. vom
21. Juni 1898 S. 187 Art. II). Die vorstehenden Beschränkungen er-
leiden keine Anwendung auf Versammlungen zu geselligen, künstlerischen
oder wissenschaftlichen, frommen, kirchlichen oder wohltätigen Zwecken
(Ges. von 1850 § 17). Dagegen gelten sie auch für Versammlungen
von Vereinen, deren Zwech sich auf öffentliche Angelegenheiten bezieht.
Soweit sie nach Ort und Zeit nicht schon durch die Vereinssatzungen
bestimmt sind, hat der Vereinsvorsteher jede Versammlung solcher
Vereine der Polizeibehörde anzuzeigen (Ges. §§ 21, 23, 31, Ges. vom
21. Juni 1898 Art. II). Gemeindeversammlungen (s. d.) sind nur in
den gesetzlich vorgesehenen Fällen gestattet. An Sonn= und Feiertagen
(s. Sonntagsruhe) sind öffentliche Versammlungen, Versammlungen der
Gemeindevertreter (s. Gemeinderat), der Innungen und anderer Ge-
nossenschaften vor beendigtem Vormittagsgottesdienste unzulässig, an
den ersten Feiertagen der 3 hohen Feste, an den Bußtagen, dem Kar-
freitage und dem Totenfestsonntage aber überhaupt verboten (Ges. vom
10. Sept. 1870 S. 313 § 8). Die zuständige Behörde in Versamm-
lungsangelegenheiten ist die Sicherheitspolizeibehörde (s. d.) des Ver-
sammlungsortes. In Städten kl. St O. und auf dem Lande gehören
die Beaufsichtigung der Versammlungen sowie die Annahme der An-
meldungen von Wahlversammlungen und Vereinsversammlungen vor
die Bürgermeister, Gemeindevorstände und Gutsvorsteher, alle übrigen
Geschäfte vor die Amtsh., an die auch die Anmeldungen nach erteilter
Empfangsbescheinigung abzugeben sind (AVO. 8 12, VO. vom 22. Aug.
1874 S. 125 88 3, 28). — Entscheidungen. Zu § 17d des Vereinsges.:
Das Becht der Polizeibehörden, in die äußere Gestaltung der in Kirchen
abgehaltenen Bersammlungen einzugreifen, wird durch diese Vorschrift
nicht berührt (OVS#. 18. Juni 1902 1 8 264, Jahrb. III 63|1. Fischers
Zeitschrift gibt folgende Entscheidungen des Ministeriums: Voraussetzung
des Versammlungsverbots ist, daß die Versammlung die in § 5 be-
zeichneten verbotenen Handlungen zum Zweck hat (5. Juli 1897,
XVIII 352). Lediglich wegen unzureichender Räumlichkeiten kann eine
Versammlung nicht verboten werden (3. Nov. 1899, XXI 69). Eine
Verpflichtung, bei der Anmeldung der Versammlung den Namen des
Referenten anzugeben, besteht nicht (5. Juli 1897, XVIII 351). Mit
der Uberwachung von Versammlungen sollen nur völlig geeignete juri-
stische oder ältere Bureaubeamte beauftragt werden (24. Jan. 1898,
XIX 173). Die Polizeibehörde ist berechtigt, bei zu befürchtender un-
gebührlicher Störung der Nachtruhe von vornherein eine bestimmte
Schlußzeit anzusetzen (23. Sept. 1897, XIX 56). Verhandlungen in
polnischer Sprache bei öffentlichen Versammlungen von Vereinen, deren