Verwaltungsstrafsachen 373
ohne diese Voraussetzung an die Amtsh., so hat diese sie nicht ohne
weiteres an die Staatsanwaltschaft, sondern zunächst an die Gemeinde-
obrigkeit zur eigenen Entschließung abzugeben (MWVO. vom 18. Jan.
1877, SWB. 34). Strafverfügungen gegen die Gemeindeorgane sollen
stets von der Amtsh. ausgehen (MVO. vom 24. Aug. und 18. Sept.
1877, SWB. 153). Auch Militärpersonen unterliegen, zwar beschränkt,
der Polizeistrafgewalt (s. Militärgerichtsbarkeit H.
* Wo das StEs. von Polizeiverordnungen spricht, meint es nur diese
allgemeinen Anordnungen, im Gegensatz zu den Polizeiverfügungen (s. Polizei-
gewalt III, Preuß. OV. 12. Mai 1902, Fischer XXV 220).
II. Anwendung des St#B. Der allgemeine Teil des St#.
gilt auch für V. (VO. vom 14. Dez. 1870 S. 373 § 1). Bestrafung
wegen Fahrlässigkeit ist daher nur dann ausgeschlossen, wenn Vorsätz-
lichleit durch die Wortfassung ausdrückhlich gefordert wird (O#.,
Fischer IV 232, XXIII 136, 146, 150, Annalen XXIII 125). Im
Übrigen gehören hierher die Bestimmungen des Ste#B. über die Ver-
jährung (s. d.), die Strafarten (s. d.), die Haftstrafe (s. d.) und Geld-
strafe (s. d.), die Einziehung und Beschlagnahme (s. d.), die Konkurrenz
(s. d.), die Bestrafung von Kindern (s. d. 1)), Notwehr (s. d.) usw.
Etbenso Neichsger. 4. Juni 1901 und 24. April 1901 (Arbeiterversorgung
XVIII 696, XXII 87). ach eingetretener Unanfechtbarkeit der Strafverfügung
ist ein neues Strafverfahren wegen desselben Tatbestands ausgeschlossen. Bei
den sog. Omissivdauerdelikten (z. B. fortgesetzter Impfentziehung) ist wiederholte
Bestrafung nur zulässig, wenn der Ungehorsam nach der Verurteilung fort-
dauert (Reichsger. 19. Febr. 1901, Bayr. Oberst. LG. 26. April 1901, Reger
XXI 445, XXIII 155, SWB. 1902 S. 107). Für den straferhöhenden Umstand
des Rüchfalls ist die teilweise Verbüßung der früheren Strafe kRein allgemeines
Erfordernis (Reichsger. 24. Okt. 1899, Fischer XXII 171).
III. Berfahren. Die Verwaltungsbehäörde setzt, wenn sie den
Fall weder für straflos erachtet noch ohne weiteres an die Staats-
anwaltschaft abgeben will, die Strafe durch Strafverfügung fest und
vollstrecht sie, wenn nicht innerhalb einer Woche auf gerichtliche Ent-
scheidung angetragen wird. Die Strafverfügung muß die Handlung,
die Strafe, das Strafgesetz, die Beweismittel, den Hinweis auf die
Berufungsfrist, die zu entrichtenden Verläge, die Ablieferungsstelle für
Strafe, Kosten und eingezogene Gegenstände enthalten (St PO. 8§ 4538,
A##O. 8 3 mit Formularen S. 357, 359), doch macht mangelhafte An-
gabe der Beweismittel die Strafverfügung nicht ungültig (OL. 16. April
1888, Fischer XI 140). Die Bekanntmachung der Strafverfügung
erfolgt durch Zustellung (s. d.). Die Verfügung muß in Urschrift zu
den Akten kommen und, solange darauf nicht verzichtet wird, in Rein-
schrift behändigt werden. Der Beschluß auf Erlaß von Strafverfügung
ersetzt die letztere nicht (MV„O. vom 1. Juni 1878 und 21. Dez. 1877,
SWB. 1879 S. 104). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung
wird bei der Verwaltungsbehörde oder beim Amtsgerichte oder beim
Gerichtsschreiber gestellt. Die Polizeibehörde übersendet, dafern sie nicht
nach der dem Antrage gegebenen Begründung die Verfügung zurückh-