Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

Mohl. 511 
völkerrechtlich todt. Nun hat zwar Baiern sich vorbehalten, noch seine 
eigenen Gesandten im Auslande zu haben, und es ist nicht gesagt, daß 
Würtemberg keine Gesandten daselbst haben könne; aber das Gegentheil 
ist auch nicht gesagt. Man könnte möglicherweise so sprechen: „Da der 
Kaiser die völkerrechtliche Vertretung hat, so könnet Ihr sie nicht auch 
haben.“ Ich will annehmen, daß es nicht so gemeint sei; aber, meine 
Herren, die Vertretung der Einzelstaaten würde jedenfalls keine politische 
Vertretung von Bedeutung sein können, da die völkerrechtliche Vertretung 
des Bundes verfassungsmäßig in der Hand des Kaisers ist. Nun, meine 
Herren, weiß ich wohl, daß es Mitglieder in dieser hohen Kammer 
giebt, welche der Ansicht sind, es sei ein großer Vortheil, daß die 
Vertretung der Einzelstaaten an den Kaiser übergehe, da die kaiser- 
lichen Gesandten mit mehr Gewicht auftreten werden. Es ist zuzu- 
geben, daß ein großer Körper mit mehr Macht auftritt als ein kleiner Staat. 
Aber, meine Herren, was wenigstens die Vertretung der Angehörigen der 
einzelnen Staaten betrifft, so ist es mir sehr zweifelhaft, ob dieselben nicht 
da, wo ihre Staaten bioher Gesandte hatten, bis jetzt besser vertreten waren, 
als sie es vielleicht künftig durch kaiserliche Gesaudte sein könnten; denn ein 
Gesandter, der eine so große Masse von Augehörigen der Nation zu ver- 
treten hat, kam sich unmöglich so speziell seinen Landsleuten widmen, wie 
es bisher ron den Gesandten der Einzelstaaten mit bestem Erfolge geschehen 
ist. Dem mchte übrigens, was die Sorge für die einzelnen Bundesange- 
börigen betrifft, sein wie ihm wolle, so ist soviel jedenfalls gewiß, daß die 
volkerrechtliche Vertretung der Südstaaten durch den Kaiser diese Staaten 
in ihren äußeren Lebensfunktionen mediatisirt. Ich möchte aber, meine 
Herren, zur Mediatisirungsfrage mir ein für allemal eine Bemerkung er- 
lauben. Man hat im Norddeutschen Reichstage gesagt: es sei wahr, die 
süddeutschen Staaten werden mediatisirt und sie müssen es werden, aber sie 
werden herrlich auferstchen im Deutschen Reiche. Ja, meine Herren, berrlich 
auferstehen r#ird der König von Preußen als Kaiser und das preußische Volk 
als das herrschende, aber die übrigen, namentlich die süddeutschen Fürsten 
und Volksstämme werden nicht herrlich, sie werden als Vasallen und Hinter- 
saßen vron Vasallen auferstehen und ihre seitherige Bedeutung verlieren; 
nicht nur die Fürsten, sondern auch die Länder werden ihre Bedeutung ver- 
lieren. Das, meine Herren, ergiebt sich in einem Bunde, welcher aus einer 
so überwiegenden Großmacht und aus kleineren Staaten besteht, die alle 
miteinander nur zwei Fünftel des Ganzen betragen, allerdings schon aus 
dem Mißrerhältnisse der Kräfte, welche in einem solchen Bunde unnatürlicher- 
weise vereinigt werden. Schon aus diesem Ueberwuchern der Macht und 
Stimmenzahl des großen Theilhabers erfolgt eine Mediatisirung. Vollendet 
aber wird diese Mediatisirung durch die bedungenen verfassungsmäßigen Vor- 
rechte des großen Staates, welche zur Folge haben, daß die Fürsten und die 
Volksstämme der übrigen Bundesstaaten die Unterthanen des Kaisers und
	        
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