Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Bon Abtretung der Rechte. 77 
von dem Uebergauge der Forderungsrechde nach den Grundsätzen des preußischen Rechts in genauer 
Vergleichung mit dem Gemeinen Rechte c. Von der Cession, §9. 9—40, Breslau 1837. 
§. 376. Die Abtretung der Rechte setzt einen Vertrag voraus 2), wodurch Je- 
  
trachtete die Obligationen als eng verknüpft mit der Persönlichkeit der Verbundenen (Kreditor und De- 
bitor) dergestalt, daß die Lösung des Bandes auf der einen oder der anderen Seite den Untergang des 
Verhältnisses zur nothwendigen Folge haben mußte. Daher war die Uebertragung der Aktivobligation 
(des Gläubigerrechts), der Substanz nach, auf einen Drikren undenkdar. Die Auslbung nur konnte 
Übertragen werden, nachdem das Prinzip der freien Stellvertretung zur Geltung gekommen war, und 
mutelst dieses Instituts konnte, im praktischen Endresultate, das erreicht werden, was die kutige Ces- 
sion bezweckt, indem der Prinzipal und der Siellvertreter übereinkamen, daß der letztere die Exigeng 
für seine eigene Rechnung nehmen und behalten möge. Dadurch wurde er, was die röm. Juristen 
procurator in rem sunm nannten. Nicht einmal das ist richtig, was das Obertr. in seiner Enrsch. 
Bd. XIV, S. 240 sogt, daß dem röm. R. nur Klagenübertragung bekannt war. Auch das Klagrecht 
war von dem Gläubiger untrennbar, dergestalt, daß, weungleich er einen procurtor In rem suam 
bestellt hatte, er dadurch rechtlich nicht gehindert wurde, uumutelbar mit dem Schuldner in Vernehmen 
zu treten. Das Alles ist nach unserer Rechtsanschauung anders; das absolut Persönliche der Schuld- 
verhältnisse ist zurückgedrängt durch die kaufmännische Anffassung und Behandlung der Forderungs- 
rechte; man sieht darin nicht ein persönliches Verhältniß zwischen zwei bestimmten Personen, sondern 
eine (negative resp. positive) Größe des Vermögensrechts, welches von dem Einen auf den Anuderen, 
in der Idee (nomen), beliebig übertragen werden kann. Die Forderungsrechte können nun, gleich 
körperlichen Sachen, Gegenstand des freien Verkehrs sein, sie konnen ebenso wie körperliche Sachen 
veräußert und erworben werden. Aber die bei körperlichen Sachen hergebrachte Erwerbungsart, die 
Tradition, ist bei ihnen aus natürlichen Grilnden unanwendbar; man kann eine Forderung nicht in 
die Haond nehmen und dem Anderen übergeben; man bedarf einer juristischen Handlung. Diese ist 
eben die Cession; die Cession ist für Forderungen der modus acqulrendi, wie die Tradition bei kör- 
perlichen Sachen, und keine dieser beiden Erwerbungsarten kann mit der anderen beliebig vertauscht 
werden: die Tradition ist zur Uebertragung einer Forderung nicht tauglich, wie die Cession das Eigen- 
thum einer körperlichen Sache nicht zu geben vermag; beide Erwerbungsarten schließen in ihrem Be- 
reiche einander aus. Vergl. o. die Anm. 13 zu fK. 12, Tit. 2, und Entsch. des Obertr. Bd. XVII, 
S. 156. Hierher gehört auch das Pr. des Obertr. 465, v. 7. Mai 1838: Die von einem Erben 
geleistete Cession des Erbtheils, ohne nähere Bestimmung des Gegenstandes, bloß auf Höhe einer ge- 
wissen Summe, Überträgt kein Eigenthum an den einzelnen, den Erbtheil dildenden Gegenständen der 
Erbschaft. Der Cessionar erlangt vielmehr durch eine solche Abtretung nur einen personlichen An- 
spruch an den Erben. (Entsch. Bd. 1II. S. 302 und Schles. Arch. Bd. IV, S. 12.) Das soll dei- 
ßen: ein Erbtheil ist kein Forderungsrecht, folglich kann eine bestimmte Summe davon niche cedirt 
werden; es kann als ein Inbegriff von Sachen und Rechten Gegenstand nur eines Kaufes sein. 
Bergl. das Pr. v. 5. März 1846 u. in der Anm. 9 zu 454. 
Nach dieser, in das A. L.N. Übergegangenen, Theorie ist die Lehre von der Cession hier nicht an 
der rechten Stelle vorgetragen: sie ist kein Titel, sondern ein Modus und steht der Tradition zur 
Seite, wie sie denn von gemeinrechtlichen Praktikern auch wirklich eine qusl traditio genannt wird. 
Kreitmayr, Anmerkungen zum Cod. Maziwilianus, P. II, esp. 3, 8. 8, Nr. 6. 
2) Dieses pactum de cecdendo ist der Titel, ohne welchen der Modus (die Cession) keine Wir- 
kung hat. S. die vor. Anm. Ist der Titel simulirt, so ist es wie bei einem mündlichen Titel; wird 
dieser durch die angenommeue Erfüllung rechtsdeständig, so ist es auch die Cession. 
Zur Rechtebeständigkeit einer Cession ist ein vorgängiger, in au sich rechtsbeständiger Form ab- 
schlossener Vertrag nicht erforderlich; das Cessionsinstrument ist, als die Erfüllung einer mündlichen 
Perobredung enthaltend, genligend, indem in solchem Falle die Annahme deseibe als Vollendung 
des Cessionsgeschäfts zwischen dem Cessionar und dem Cedenten zu betrachten ist. Vergl. Anm. 18 zu 
5s. 395 d. T. Man hat sich nämlich bei der Abfassung des A. L.R. ursprünglich beide Akte, aus 
welchen die Cession zusammengesetzt ist, nämlich das pactum de cedendo als causa praecedens, und 
den actus traditionis (die Cession selbst) als gqusammenfallend gedacht und die Abtretung als einen 
Bertrag (§. 340 des Entw.) definirt, wodurch Jemand sich verpftichte, einem Anderen das Eigenthum 
seines Rechts gegen eine bestimmte Vergeltung zu überlassen; und erst später, in Folge einer Beiner- 
kung von Snarez., ist die im g. 376 enthaltene Definirion beliebt worden, wonack die Cession einen 
Vertrag voraussetzk. Aus dieser Emstehung erklärt sich, warum das A. L. N. über die Form des 
vorausgesetzten pactum de cedendo schweigt und nur Über die Form der Cession selbst besondere Be- 
stimmungen enthön. S§s§. 393 ff. Es bewendet somit bei den allgemeinen Borschriften Über die Form 
der Verträge; insbesondere find die Vorschriften in Betreff der mündlichen Verträge Über bewegliche 
Sachen maßgebend, wenn weiter nichts Schriftiiches vorhanden ist, als die Cessioneerklärung (der Tra- 
ditionsakt) des Cedenten. Liegt z. B. nichts weiter vor, als die geschehene Zusendung eines Schuld- 
instruments an einen Dritten, nebst einer von dem darin genanmen Gläubiger an diesen Dritten
	        
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