164 D. Rurkreis, oberrhein. Kr. D. Pfaͤlzer Haus. Nassau-Oranien. Lothringen. §§ 248—249
die Oberpfalz (den alten Nordgau, § 82) an dem Westabhange des
Böhmer Waldes überließ. Von der Kurlinie ward schon 1386 die Uni-
versität zu Heidelberg gestiftet. Ihr entstammte auch Ruprecht (III.), der
von 1400—1410 deuscher König war (5 229), ebenso jener Friedrich
der Siegreiche (§ 239), der zur Zeit Kaiser Friedrichs III. an Stelle
seines minderjährigen Neffen die Kurwürde sich angeeignet hatte und sie dem
Kaiser zum Trotz bis zu seinem Tode 1476 behauptete — damals der ent-
scheidende Herr in Westdeutschland. In seiner ruhmreichsten Schlacht, der
von Seckenheim, am Neckar unweit Heidelberg, 1462, nahm er seine Feinde=
den Grafen von Wirtenberg, den Markgrafen von Baden und den Bischof
von Metz, gefangen, bewirtete sie, so berichtet die Sage, als sie aus langer
harter Haft sich teuer gelöst, zuletzt dann prächtig auf seinem Heidelberger
Schloß, ließ ihnen aber kein Brot zu den Speisen aufsetzen. Als sie |60.
darüber wunderten, ließ er ihnen sagen: sie hätten seinen Bauern die Ernte
verderbt und verbrannt, nun möchten sie sehen, wie es sich ohne Brot leben
ließe. — Diese pfälzische Linie des wittelsbachischen Hauses ging auch später
ihren eigenen Weg; zur Reformationszeit trat sie mit zuu dem.
evangelischen Bekenntnis bei, während die übrigen Wittelsba
katholisch blieben.)
249. Kur-Mainz erstreckte sich mit seinem Gebiete über zerstreute
Landschaften, wie Aschaffenburg, Lorsch, das Eichsfeld, Erfurt (seit 1392 Univer-
sität), sein Mittelpunkt aber war die alte Römergründung (5 10), das.
„goldene Mainz"“", wie es im Volksmunde seines Reichtums wegen ge-
nannt ward, am Zusammenfluß von Main und Rhein, und zwar auf der
linken Seite des letzteren Flusses gelegen, mit seinem prächtigen Dom, seinen
festen Mauern und seiner regsamen Bevölkerung. Seit Bonifatius’ Zeiten
(§8§ 64 ff.) war es der erste Bischofssitz Deutschlands, und sein geistlicher
Sprengel erstreckte sich von der Schweiz bis zur Elbe. Der Stuhl war meist
von den großen rheinischen Geschlechtern, am häufigsten von den Nassauern
ader den ihnen verwandten Eppensteinern, besetzt. Aber auch die Stadt
Mainz kam zu großer Blüte und gedieh durch die Tüchtigkeit und Freiheit
ihrer Bürger. Doch erlitt dieselbe einen schweren Schlag, als sie für ihren
vom Papst entsetzten Erzbischof Diether, einen Verbündeten Friedrichs des
Siegreichen (§ 248), wider dessen Gegenbischof Adolf II. von Nassau,
stritt. Durch Verrat wurde letzterem ein Thor der Stadt geöffnet, 1462,
er drang ein, und trotz der heldenmütigen Verteidigung der Bürger siegte
er, als er die Brandfackel in die Käueer der Kämpfenden werfen und einen
Teil der Stadt in Asche legen ließ; eine entsetzliche Verheerung folgte, der
Reichtum der Bürger war vernichtet, die reichsfreie Stadt, bisher der glän-
*) Als die gerade Kurlinie 1559 erlosch, ging die Kur auf eine jünzere Linie, Pfalz-
Simmern, über. Dieser entstammte der unglückliche Friedrich V., König von Böhmen,
der im dreißigjährigen Kriege Land und Leute und auch die Kur einbüßte, welche letztere
nun auf die herzogliche Linie, die Nachkommen Kaiser Ludwigs, überging. Doch be-
kam mit dem älischen Frieden das pfälzische Haus die Kurwürde als die achte im
Reiche zurück. bermals waren jüngere Linien abgezweigt: Pfalz-Neuburg, die
Jülich und Berg am Niederrhein erwarb und diese 1685 mit dem Kurlande und der
Kurwürde von der Pfalz verband, Pfalz-Sulzbach, die 1742 die neuburgischen Länder
und 1777 auch die kurbayerischen erbte, Pfalz-Zweibrücken, die durch t sich mit
dem schwedischen Königshause verband und aus der die Könige Karl K.— stammten,
und Pfalz-Birkenfeld, welche zuerst Zweibrücken 1731, dann die beiden, unter der
suhzachischen Linie vereinten Kurländer Pfalz und Bayern nebst # und Berg erbte,
1799, und für Bayern 1805 die Königswürde erwarb. Aus ihr entstammt das jetzige
bayerische Königshaus.
er ebenso eifrig