466 Eröffnung des Krieges gegen das Hatserreich. 88 751—752.
französischen Botschafter Graf Benedetti in Ems dem Könige die Gewähr
dafür abzuverlangen, daß eine etwa sich wiederholende Kandidatur desselben
von seiten Preußens nie eine Unterstützung finden würde: ja er wagte
dem preußischen Gesandten in Paris anzudeuten, daß ein entschuldigender
Brief des Königs an den Kaiser am besten das beleidigte Nationalgefühl
in Frankreich beschwichtigen werde. Gegen diese, durch Benedetti noch dazu
in taktloser Weise vorgebrachten, Forderungen erhob sich ruhig und würdig
der gerechte Königsstolz des greisen Helden. Der Franzose ward abgefertigt,
höflich und kalt, wie er es verdiente und wie es sich von selbst verstand.
Durch ganz Deutschland aber zündete des Königs Haltung wie ein Blitz.
Die Demütigung, die dem Haupte Deutschlands angesonnen war, empfand
das ganze deutsche Volk wie ein Mann. Hatte Frankreich Krieg gewollt
— Deutschland hatte ihn nicht gesucht — so mochte es auch Krieg haben.
Des Königs rasche Rückkehr von Ems am 15. Juli gestaltete sich zu einem
feierlich-ernsten, hochbegeisterten Triumphzuge. Auf dem Bahnhofe in Berlin
erhielt der LHönz, dem der Kronprinz mit dem Grafen Bismarck, den Gene-
ralen von Moltke und von Roon entgegengereist war, um im Drange der
Zeit keine Stunde zu verlieren, auf telegraphischem Wege die Nachricht, daß
in Frankreich, wo man durch die Abweisung Benedettis die Nationalehre
als tief beleidigt darstellte, der Befehl der Mobilmachung des Heeres so
eben ergangen sei und daß der Senat mit rasendem Beifall die kriegerischen
Erklärungen Gramonts aufgenommen habe. Als der König Wilhelm, den
Kronprinzen an seiner Seite, abends burch die Straßen seiner Hauptstadt
fuhr, ward er fast auf den Händen getragen von seinem mutig und ent-
scheoffen ihm zujauchzenden Volke. Aus allen Gauen des Vaterlandes, aus
en seinen blühenden, fleißigen, sonst so friedliebenden Städten kamen die
freudigen Zustimmungen zu dem königlichen Entschlusse. Schon am 19.
trat der Reichstag des norddeutschen Bundes zusammen, und stellte in
begeistertem Anschluß an die Schritte der Regierung alle Mittel zum Kriege
zu ihrer Verfügung, die sie forderte. An demselben Tage wurde auch die
französische Kriegserklärung in Berlin übergeben. König Wilhelm aber er-
neuerte, angesichts der ernsten Lage des Vaterlandes und in dankbarer Er-
innerung an die Heldenthaten der Vorfahren in den großen Jahren der
Befreiungskriege, an eben diesem 19. Juli, dem Todestage seiner Mutter,
der Königin Luise, den Orden des eisernen Kreuzes, zur Belohnung für
jedes Verdienst, das in diesem Kriege, sei es unmittelbar im Kampf mit
dem Feinde, sei es daheim durch aufopfernde Mitwirkung, erworben werde.
10. Eröffnung des Krieges gegen das Kaiserreich.
* 752. Fankreich ist vollbereit (archiprst)“, so hatte der Kriegsminister
Marschall Le Boeuf erklärt, und auf dieses Wort hin hatte Napoleon
sich in den von seinem Staatsministerium so mutwillig heraufbeschworenen
Krieg eingelassen. Aber er verfügte nur etwa über 300000 Mann, die er
bei ecleh geordneten Transportmitteln, nicht einmal sogleich an der Grenze
hatte. Napoleon wußte, daß Preußen allein ihm nofort 350000 Mann
entgegenstellen konnte, mit dem übrigen Deutschland vereint 550 000. Aber
er dachte doch früher fertig zu sein als der Feind, bei Maxau (unweit
Karlsruhe) mit 250000 Mann den Rhein zu überschreiten und die süd-
deutschen Staaten zur Neutralität oder zum Abfall zu bringen; dann hoffte
er nach dem ersten glücklichen Schlage, den er gegen Preußen füfren würde,
sterreich, Jtalien, Dänemark auf seiner Seite zu haben, ja auf den Abfall