Full text: Geschichte des deutschen Volkes.

470 metz und Sedan. §§ 760—761. 
auf das linke Moselufer zu ziehen, erreichte die deutsche I. Armee östlich vor 
dieser Stadt, am 14. August bei Colombey, (Courcelles, Borny) seine 
Nachhut und griff sie so nachdrücklich an, daß Bazaine sich gezwungen sah, 
einen Teil seines Heeres Kehrt machen zu lassen, um seine gefährdeten 
Truppen zu unterstützen. Die Preußen drangen mit Ungestüm bis unter die 
Mauern von Metz vor. Über diese Schlacht büßte Bazaine, der ohnehin 
durch Unschlüssigkeit und Zaudern schon mehrere Tage verloren hatte, die 
letzte Zeit ein, die ihm noch blieb, um ungehindert von Flankenangriffen 
der unsrigen auf den Straßen über Verdun nach Westen hin zu entkommen. 
8 761. Denn inzwischen gewann die II. Armee Zeit, mit ihren vordersten 
Armeecorps die Mosel zu überschreiten und von Süden her Metz zu um- 
gehen. Als deshalb Bazaine, durch die Wiederordnung seiner Truppen 
noch weiter aufgehalten, erst am 16. August seinen Abmarsch auf Verdun 
wieder aufnahm, ward er durch das brandenburgische Armeecorps unter General 
von Alvensleben, eine Brigade vom hannsverschen Corps und zwei Kavallerie- 
Divifionen mit solcher Heftigkeit angegriffen, daß er die ganze II. Armee 
der Deutschen sich gegenüber glaubte und mit allen seinen Corps gegen sie 
Front machte. Gleich im ersten Vorgehen wurde das am weitesten westlich 
auf der Heerstraße nach Verdun gelegene Dorf St. Hilaire, die Dörfer 
Mars la Tour und Vionville von den Unfrigen besetzt und ausdauernd 
festgehalten, so fehr auch später der Kampf schwankte. Bazaine glaubte 
vor allem seinen linken Flügel und damit seine Verbindung mit Metz be- 
droht; er sammelte hier alle Kraft der Verteidigung und suchte dann all- 
mählih die Angreifer, besonders die unerschütterlich ausharrende Division 
Buddenbrock, von Westen her zu umklammern. Aber die wackeren Branden- 
burger, die Kinder der Provinz, von der schon Friedrich der Große ge- 
sagt hat, wenn ihm alles genommen wäre, Kobd und Gut, Land und 
Leute, und er hätte nur seine brandenburgischen Regimenter noch, so wolle er 
nichts verloren geben, waren nicht zu bewältigen: 33000 Mann hatten hier 
ein Heer von 2—3facher Stärke angegriffen und den Schlüssel seiner Stel- 
lung gleich anfangs ihm entrissen; nach dreistündigem Kampfe erst zog ihnen 
die erste Hilfe zu, 5000 Mann, dafür verstärkten sich die Gegner um 
57000 Mann; als das Verhältnis, etwa um 2 Uhr auf der Höhe des 
Kampfes, am ungleichsten war, stritten 150000 Franzosen gegen 38000 
der Unseren. Alles was diesen dann noch, durch das Herankommen der 
übrigen Teile des barmöverschen Armeecorps und vereinzelter Truppenkörper, 
88 wurde, überstieg nicht 38000 Mann. Daß sie dennoch das Schlacht- 
behaupteten, das ist allein ihrem heroischen Opfermute zu verdanken, in 
dem sich die einzelnen Truppengattungen überboten. Denn neben der In- 
fanterie und Artillerie errang auch hier die Kavallerie unverwelkliche Lor- 
beeren. In dem furchbarsten Momente der Entscheidung hatte General 
von Alvensleben zwei Kavallerie-Regimenter, Kürassiere (die Halberstädter) 
und Ulanen, zum Angriff auf den Feind geworfen: sie stürzten sich, den 
Tod vor Augen sehend, auf die vor ihnen stehenden Batterieen, über- 
ritten sie, brausten weiter auf Infanteriekolonnen, die sie sprengten, drangen 
in eine Mitrailleusen-Batterie, bis die feindliche Reiterei die Atemlosen 
jabte und zum Rückzug nötigte, den sie sich dann durch die eben durch- 
rochenen Linien von neuem bahnen mußten: 
Doch ein Blutritt war es, ein Todesritt: 
Wohl wichen sie unseren Hieben, 
Doch von zwei Regimentern, was ritt und was stritt, 
Unser zweiter Mann ist geblieben! 
  
 
	        
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