Full text: Geschichte des deutschen Volkes.

472 metz und Sedan. §§ 762—765. 
die Schlacht eine gewisse Ahnlichkeit mit der von Königgrätz. Auch darin 
glich sie ihr, daß ein Thalrand genommen werden mußte, hinter dem eine 
durch Befestigungen fast 1nangreifbare Verteidigungslinie stand; ebenso darin, 
daß die Entscheidung durch den von Norden her eintreffenden Angriff ab- 
ewartet werden mußte. Denn die I. Armee konnte jenseits der Mance- 
chlucht nur wenig Boden gewinnen. Erst als kurz vor vier Uhr die 
Garden und die Sachsen das Dorf Marie aux Chenes genommen ette 
und die ersteren von hier aus um 5¼ Uhr den Sturm auf den Schlüssel 
der feindlichen Stellung, auf St. Privat, begannen, kam es zur Entscheidung. 
So furchtbar aber waren die Verluste der über das offene Feld gegen das 
festungsähnliche Dorf anstürmenden Truppen, daß sie einhalten mußten, bis 
in weitem Bogen genaht, nun vom Norden her auch die Umgehungstruppen, 
die Sachsen, eintrafen und mit den Garden gemeinsam in der Dunkelheit 
auf das Dorf stürmten und Canroberts Corps in vollständiger Flucht zurück- 
trieben. Gleichzeitig machte mit einem Teil der Garde dann auch das 
9. Armeeeorps einen siegreichen Vorstoß gegen Amanvillers, und eben kam, 
erade als die Franzosen gegen die von dem langen Kampfe ermattete 
Armee einen Vorstoß unternahmen, mit unglaublicher Anstrengung von 
Pont à Mousson über Gorze das pommersche Armeecorps an, das, kurz 
zuvor erst aus Deutschland angelangt, hier zum ersten Male in diesem Feld- 
zuge vor dem Feinde stand, zum Teil einen 16—18 stündigen Tagesmarsch 
bis auf das Schlachtfeld zurückgelegt hatte und nun „sestgeschlossene Leute, 
vorwärts, Mann bei Mann“" über die schmale Chaussee durch die tiefe 
Schlucht von Mance vorging, mit kühnem Hurrahl! aus allen Kehlen — bis 
das Corps drüben festen Fuß gefaßt und sich die Nacht hindurch in der 
genommenen Stellung behauptete. — An 20000 Verwundete und Tote hatte 
der schwere Tag gekostet; die Franzosen, die in ihren gedeckten Stellungen 
gestanden, berechneten gleichwohl auch ihren Verlust auf mehr als 12000.— 
Aber der große Erfolg des Tages war, daß die beste Heereskraft des Feindes 
nun besiegt und gelähmt war. 
¾∆ 763. Bazaine nahm während der Nacht seine Truppen auf Metz 
zurück, und der Plan, nach Westen zu entkommen, mußte aufgegeben werden. 
Nur Napoleon selbst hatte am Morgen des 16. noch rechtzeitig die Rhein- 
armee verlassen und sich zu Mac Mahon begeben. Bei der deutschen Armee 
wurden sofort die Anstalten getroffen, Metz mit dem darin eingeschlossenen 
Leer- von nahezu 200000 Mann zu belagern. Es blieb der größte 
eil der II. samt der I. Armee, dazu einige neu gebildete Truppenteile unter 
dem Befehle des Prinzen Friedrich Karl zu dieser Aufgabe vor Metz 
zurück, etwa 160000 Mann. Hinsichtlich der übrigen Truppen ward der 
kühne Gedanke festgehalten, sie direkt auf die feindliche Hauptstadt vor- 
wärts zu führen und die ihnen in den Weg tretenden Feinde nieder- 
zuwerfen. Aus den vor Metz nicht zur Verwendung kommenden drei 
Corps der II. Armee, der Garde und den Sachsen (aus dem Koönigreich 
und der Provinz) wurde eine neue, die IV. oder die Maasarmee ge- 
bildet und dieselbe unter die Führung des Kronprinzen Albert von 
Sachsen gestellt; sie sollte in Verbindung mit der III. Armee, der des 
Kronprinzen von Preußen, auf Paris weiter marschieren. Schon reichten 
beide Armeen sich die Hand, als im Hauptquartier der III. Armee von 
den Vortruppen die Nachricht einging, daß man das Lager der Franzosen 
in Chalons, wo man auf en Widerstand gerechnet, verlassen vorge- 
funden habe, und daß Mac Mahon auf Reims abgezogen sei. So hatte 
 
	        
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