Full text: Geschichte des deutschen Volkes.

478 Erste Cntsetzungsversuche durch die französtschen Beere. 95 772—774. 
Division (22.) nebst mehreren Kavallerie-Divisionen beigegeben waren, nach 
Süden vorgesandt, mit dem Auftrage, über Etampes bis Orléans die Ge- 
gend zu klären. Er traf nördlich von Orléans auf starke Truppenanhäu- 
fungen, die er aber mutig angriff und in den Gefechten bei Artenay und 
Orléans, 10. und 11. Oktober, zerstreute, so daß er Orléans besetzen 
konnte. Eine weitere Verfolgung nach Süden schien, bei der sich mehren- 
den Zahl der Gegner und bei der Stimmung des Landes, nicht ratsam. 
v. d. Tann erhielt deshalb Befehl, mit seinem bayrischen Corps nur Orléans 
zu behaupten; die von ihm rückwärts wieder gegen Paris sich ziehende 
22. Division hatte am 18. Oktober Chateaudun in erbittertem Straßen- 
kampfe genommen, dagegen in Chartres keinen Widerstand gefunden und 
diese Stadt zu einem der Stützpunkte für die Deutschen gemacht. Noch 
hielt man im Westen den Kreis bis zur Eure, im Süden bis zur 
Loire, im Norden das Land bis Beauvais, Compiègne, Soissons vom 
Feinde frei. 
§ 773. Um diese Zeit fiel Metz. Noch einmal schien es, da auch diese 
Hoffnung der Franzosen gesunken, als ob sie unter der Einwirkung gemäßigter 
Stimmen wie Thiers', Jules Favres, ernstliche Unterhandlungen mit der 
deutschen Regierung anknüpfen wollten. Aber Gambetta hetzte unermühdlich 
zum Kriege weiter, und wie niederbeugend auch anfangs jener schwere 
Schlag wirkte, Bazaine ward nun als ein Verräter ausgeschrieen, und von 
Paris und dem Lande der Widerstand fortgesetzt. Schon ehe Metz gefallen, 
hatten die vor ihm liegenden deutschen Corps üre weitere Bestimmung 
empfangen. Die I. Armee, nunmehr unter den Oberbefehl des Generals 
Manteuffel gestellt, aus zwei Corps und einer Kavallerie-Division be- 
stehend, im ganzen 38000 Mann an Infanterie, 4400 Mann an Kavallerie 
und 180 Kanonen stark, bekam die Aufsabe, die Belagerungsarmee von 
Laris gegen Norden zu decken. Die Armee unter Prinz Friedrich 
Bcl erhielt die Richtung gegen die Loire hin, um gegen Süden einen 
Schirm zu bilden. Sie zog in der Stärke von drei Corps in breiter Front 
südwestlich durch Frankreich; ein Corps war teils zur Escorte der Gefangenen 
und zur Besetzung von Metz bei dieser Festung zurückgelassen, teils wurde 
ihm die Belagerung von Thionville, Montmédy (Verdun war schon am 
9. November in deutsche Hände gefallen) übertragen, das pommersche Corps 
wurde nach Paris gezogen. — Es war hohe Zeit, daß Met fiel, und die deutschen 
Truppen von hier aus ihren Brüdern zu Hilfe eilten. Denn schon regte 
sich von allen Seiten der Feind. Ungeheure Massen, eben von ihren Friedens- 
geschäften weggerufen, zusammengeballt und von englischen und amerikanischen 
Händlern mit Waffen versehen, begannen sich zu sammeln und erhielten 
einen militärischen Kern in den Resten der noch vorhandenen geordneten 
Truppen, Seesoldaten, Förster, Gensdarmen, Feuerwehren 2c. So begann 
in Frankreich das Land seinen Krieg zum Schutze der Hauptstadt. 
13. Erste Entsetzungsversuche durch die französischen Heere. 
§ 774. Der erste Versuch einer Entsetzung von Paris durch die 
in den Provinzen gebildeten Perre begann. Im Norden zeigte sich eine 
Armee unter General Bourbaki und trat über die untere Seine mit einer 
Westarmee, die auch bei Chartres sich bemerkbar machte, in Verbindung. An 
diese schloß sich die Loirearmee unter General d'Aurelle de Paladines, 
während im Osten der alte italienische Schwärmer Garibaldi sein Wesen 
trieb, der sich vom Namen der Republik bethören ließ und herbeigeeilt war,
	        
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