Full text: Geschichte des deutschen Volkes.

486 LCetzte Anstrengungen des franz. Dolkes, Jan. 1871. Sleg der Teutschen. 6§ 786—787. 
Norden übernommen hatte, den über St. Ouentin auf Paris vorrückenden 
Faidherbe in der Flanke und warf ihn nach siebenstündiger, heißer Schlacht 
in vollständiger Auflösung nach Nordosten zurück, 19. Januar. Gegen 
10 000 Gefangene blieben in seinen Händen. Seine verfolgenden Truppen 
erreichten Le Cateau Cambresis, Le Quesnoy und machten erst vor dem 
Festungsgürtel der belgischen Grenze, Arras, Cambrai, Valenciennes, Halt. 
— Auch die französische Nordarmee war nicht mehr zu fürchten. 
7 787. Indessen war die Belagerungsarmee zum letzten Schritt, zum 
Bombardement von Paris, übergegangen. Seit dem 5. Januar richteten die 
deutschen Batterieen ihr Feuer eumt die Forts von Issy, Vanves und Mont- 
rouge, brachten das erstere bald ganz, die anderen zum Teil zum Schweigen. 
Da es mehr darauf ankam, die schon wankende Stadt zu beunruhigen, als 
zu vernichten und zu zerstören — später haben das die Verbrecherhände von 
Franzosen selbst verübt — so wurden etwa täglich nur 2—300 Granaten 
in die Stadt geworfen, von denen die Teile an dem linken Seineufer vor- 
waltend betro wurden. Schon begann das furchtbare Gespenst des 
Hungers die Stadt zu bedrohen, schon begann der Widerstand derselben zu 
erlahmen. Nun rückten unsere Batterieen auch von Norden her näher; am 
21. Januar eröffneten die Geschütze gegen St. Denis und die nördlichen 
Vorstädte ihr Feuer. Schon erhoben sich einzelne Stimmen, die eine 
Kapitulation für unvermeidlich erklärten. Aber die öffentliche Meinung, wie 
auch das Gouvernement und der militärische Oberbefehlshaber Trochu selbst 
standen noch viel zu sehr unter der Einwirkung einer wilden, zügellosen und 
unwissenden Demagogie, und diese verlangte, der militärischen Unmöglichkeit 
eines Erfolges zum Trotz, einen Ausfall in Masse, um die Linien des 
Feindes zu durchbrechen. Trochu sah sich genötigt, diesen Forderungen nach- 
zugeben. Unter den Kanonen des Valérien, der allein den dazu nötigen 
Schutz gewährte, ordneten sich am 19. Januar, dem Tage der Schlacht von 
St. Quentin, die Ausfallsscharen. Freilich wußten ihre Führer, daß sie hier 
gerade auf die am besten befestigten Stellungen des Feindes trafen. Trotzdem 
drängten die Massen vorwärts in den Tod. Und den fanden sie, sowohl 
an der Montretout-Schanze und den Höhen von Garches, wie am Park 
von St. Cloud und Buzanval, dessen Mauern zu nehmen ihnen noch 
eben gelang, den sie aber in der Nacht vom 19. zum 20. freiwillig wieder 
räumen mußten. Hier hatten 20 000 Mann eines einzigen deutschen (5.) Armee- 
corps 100 000 um ihre Existenz ringende, verzweifelnde Kämpfer zurück- 
geworfen; und hätten diese hier wirklich die ersten Linien durchbrechen können, 
sie würden neueren und festeren begegnet sein, und Gefangenschaft hätte 
ihrer gewartet, wie dies das Loos ihrer Landsleute bei der Feldarmee war. 
Es war der letzte Versuch eines bis zum Tode matten Ringers gewesen. 
Die Ubergabe von Paris ward die notwendige Folge; und ein Glück, 
daß wernigstene damals noch die Besonneneren in Paris Herr blieben und den 
Waffenstillstand schlossen, ehe die letzten Vorräte erschöpft waren; das ent- 
setzlichste Los, der Hungertod von vielen Tausenden vor den Schanzen der 
Unseren, die, um der eigenen Erhaltung willen, sie erbarmungslos hätten 
zurücktreiben müssen, wäre das Ende gewesen. So kam Jules Favreschon. 
am 23. nach Versailles, und bereits am 26. Januar waren die Unterhand- 
lungen soweit gediehen, daß die Feindseligkeiten eingestellt werden konnten. 
Am 28. Januar wurde ein 21 tägiger Waffen stillstand unterzeichnet, da- 
mit innerhalb dieser Zeit eine Nationalversammlung berufen würrde, die 
über Krieg oder Frieden entscheiden sollte. Die Hauptbedingungen desselben
	        
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