Vorwort zur ersten Auflage.
Für die mittleren Klassen unserer höheren Lehranstalten in Preußen ist
in dem ein Jahr umfassenden Cursus von Quarta eine Uebersicht der alten
Geschichte vorgeschrieben, der sich dann in dem zweijjährigen Cursus der
Tertüa die vaterländische Geschichte anreihen soll. Erst in dem vierjährigen
Curfus der oberen Klassen folgt die allgemeine Weltgeschichte. Diese ein-
fache Vertheilung des Stoffes ist ohne Zweifel auch die richtigste. Wenn
hie und da außer Preußen schon auf der mittleren Lehrstufe die kosmo-
politische Neigung zur Universalgeschichte vorwiegt, so kann derselben nur
auf Kosten unserer vaterländischen Erziehung genügt werden. Gerade in
dem frischen Alter von 12—15 Jahren, wo im Knaben der Jüngling reift,
soll mit der deutschen Geschichte auch deutscher Sinn geweckt werden.
Und eben nur die deutsche Geschichte kann die „vaterländische“ sein
in allen deutschen Staaten, zumal in Preußen. Preußen hat fast aus
allen deutschen Stämmen schöne und stolze Zweige in sich verwachsen lassen.
Wie soll man diesen eine enge, altbrandenburgische Geschichte aufdrängen,
von der doch Friedrich der Große selbst bekennt (Mémoires pour servir etc.):
„IJ’histoire de la maison de Brandenbourg D’intéresse due depuis Jean
Zigismond.)“ Unsere Gelehrten mögen heute anders denken, und auch ich
weiß wahrlich die Wichtigkeit brandenburgischer wie jeder anderen Quellen-
forschung anzuerkennen: für unsere Schüler aber bleibt (vorausgesetzt, daß
die ersten Hohenzollern, Friedrich I. und II. und Albrecht Achilles bereits
in der deutschen Geschichte ihr Recht gefunden haben) das Wort des großen
Königs noch immer zutreffend. Es mag vielleicht den Berliner Knaben,
der selbst schon am Havelufer und am Schildhorn gestanden, interessiren,
etwas von Jatzko, dem Wendenfürsten, zu hören: dem rheinischen liegt
jedenfalls mehr daran, die großartige städtische Entwickelung von Köln
kennen zu lernen, dem schlesischen, etwas von der Mongolenschlacht, und
dem thüringischen Knaben in Erfurt und Mühlhausen, etwas von den
glänzenden Landgrafen auf der Wartburg zu wissen. Es würden die
Letzteren solche heimische Dinge nicht blos mehr interressiren, als die fernen
brandenburgischen, sie haben auch ein Recht darauf sie kennen zu lernen.“)
*) In diesem Sinne befindet sich bei der Behandlung der dritten Periode der Ab-
schnitt B. Mehr darüber weiter unten.